1. Advent – meine persönlichen Filmhits 2008

Heute bin ich mal ein bisschen privat. Es ist der 1. Advent, wir haben ein wenig Schnee, es ist nicht zu kalt und die Sonne scheint.
Seitdem in Memmingen ein großes Movieplex-Kino eröffnet hat, sind wir fast jede Woche dort, eine schöne Ergänzung zu unseren wöchentlichen DVD-Heimkino-Sessions. Es gab dieses Jahr einige recht interessante und unterhaltsame Filme, und ich habe mir eine kleine Lieblingsliste zusammengestellt.
Schublade „Superhelden“: Iron Man war hinreißend dank Robert Downey jr. Der Mann hat’s einfach drauf, mit seinen schönen, irren Augen. „Ich bin Iron Man.“ Ja, das macht Spaß. Auch Hancock hatte was, und zwar bedeutend mehr als erwartet. Man achte also in Zukunft auf die Wortwahl! Das A-Wort und „Gaga“ sollte man in Anwesenheit bestimmter Personen besser nicht verwenden.
Schublade „Helden“: James Bonds Trostquantum: O ja. Konsequent, knallhart, respektlos und doch auch ein wenig Trost. Eine hervorragende Fortführung des ersten Teils, nach einer sehr schwachen ersten halben Stunde allerdings. Die Autoverfolgung war zum Gähnen (noch nie Ronin gesehen, was?), Wackeltechnik und zu schnelle Schnitte, da kommen meine nicht mehr ganz so flexiblen Augenstäbchen nicht mehr mit. Intro und „Katzen“-Musik gefielen auch nicht, das war zu wenig innovativ und zu viel „schon mal dagewesen“. Dann aber ging es plötzlich auch in die Tiefe und das Ganze gewann Volumen. Well done – na, aber der dritte Teil übernimmt da ein schweres Erbe. Mal schauen. The Dark Knight: Jaja, den tu ich hier rein, denn unser Freund und Helfer Batsie verfügt nun mal nicht über Superkräfte, sondern bringt alles auch so zustande. Hier wurde mit einigen Superheldenheileweltregeln aufgeräumt – eine weibliche Hauptperson gibt den Löffel ab, und der Held muss in den Untergrund. Heath Ledger hat mit dem Joker den besten Bösen von allen geschaffen, der völlig außerhalb jeglicher Moral und Menschlichkeit steht. Völlig überzeugend durch seine Manierismen, sein scheußliches Aussehen, seinen erschreckenden Intellekt. Der Kerl will nur Tod und Zerstörung, aber auf sehr subtile und raffinierte Weise. Er macht die ganze Welt zu seinem Fernsehunterhaltungsprogramm. Grandios, atemlose Spannung. Ein Held der ganz anderen Sorte ist Wall-E: Der bezauberndste und schönste Film des Jahres. Die ersten 30 Minuten, völlig wortlos, sind die ergreifendsten seit langer Zeit. Eine wunderbare Analogie über die Menschlichkeit. Die zweite Hälfte im Raumschiff schwächelt ein wenig in dieser Hinsicht, dafür aber kann man umso herzhafter lachen. Und mit den „Pizzapflanzen“ wird das Bild einer zart keimenden Hoffnung abgerundet. Ich freue mich schon auf die DVD, um auch mehr auf die vielen Details achten zu können.
Schublade „totaler Zynismus“: Der Mann, der niemals lebte, gerade im Kino gesehen. Stellenweise war ich nah dran, mich zu übergeben, aber nicht wegen der körperlichen Gewalt. Der Agent wird von allen benutzt, weil er als Einziger ein Gewissen besitzt. Body of Lies ist der Originaltitel des Films, der bedeutend passender ist als die deutsche Übersetzung. Nichts für zarte Gemüter.

Schublade „Soziologie“: Hier ist als erstes der Brandner Kaspar zu nennen. Sehr gelungen, diese böse und harte Kritik an Kirche und Gesellschaft. Hervorragende Leistung von Bully Herbig und vor allem Franz Xaver Kroetz. Leider schwächelt Jörg Hube als Petrus (gewiss, Gustl Bayrhammers Schatten ist zu groß), er wirkt ziemlich lustlos; dafür ist der Erzengel Michael umso intensiver.
Als zweites ist Brügge sehen und sterben ein echtes Jahres-Highlight und kommt nah an den gleich danach genannten Film heran. Sehr schräg, sehr sinnfrei, mit dramatischem Höhepunkt und seltsamen Prinzipien. Hervorragende Darsteller; vor allem der äußerst attraktive, charismatische Ralph Fiennes gibt immer noch eiskalt den Lord Voldemort, als wäre die Figur in diesem Film eine Weiterentwicklung. Die Zusammenstellung der Darsteller an sich verdient schon eine Würdigung.
Absolutes Highlight des Jahres aber ist Burn after Reading. Ein genialer Wurf der Gebrüder Coen, die aus den Darstellern (ein Who is Who, das sich sehen lassen kann und an sich schon ein Muss zum Anschauen darstellt!) das Beste bis zum Letzten herausholen. Selten ein so intensives und dazu entspanntes und gut gelauntes Spiel gesehen, und keiner der Akteure klatscht dabei den anderen an die Wand. Spitzenklasse, bis ins letzte Detail, dazu eine sehr verzwickte und komplizierte Story, die tatsächlich zur vollen Zufriedenheit aufgedröselt wird, man versteht überraschenderweise den Film – und trotzdem ergibt das alles überhaupt keinen Sinn! Das ist ganz große Kunst und ein ganz großer Film, bei dem man ganz viel lachen kann, auch wenn es haufenweise Tote gibt und der Humor zur derben Sorte gehört.

Ans Herz legen möchte ich zu guter Letzt noch einen Film, der schon ein bisschen älter ist – von 2004: Der spanische Film Das Meer in mir. Das ist nach all den Krachern ein stiller Film, hier geht es um Menschenwürde und das Recht auf Selbstbestimmung. Völlig unpathetisch, aber menschlich sehr eindringlich und absolut realistisch wird die Geschichte eines vom Hals abwärts Gelähmten erzählt, der seit 27 Jahren darum kämpft, sterben zu dürfen. Dabei kommt aber vor allem der Humor nicht zu kurz, der Gelähmte verfügt über jede Menge Witz und Intellekt und bereichert das Leben, doch er hat seine Entscheidung getroffen. Dies ist übrigens eine wahre Geschichte. Trotz des traurigen Themas ist es überhaupt kein trauriger Film (naja gut, als Ramón sich verabschiedet, braucht man schon Taschentücher – aber das gehört eben dazu, vor allem, wenn man kein emotionsloser Klotz ist. Trotzdem versteht man Ramón, es ist für ihn das Beste). Die Dialoge sind hervorragend (was bei einem Dialogfilm nicht unbedingt immer der Fall ist). Handlungen und Gedanken aller Beteiligten sind nachvollziehbar, und man kann jeden Einzelnen für seine Haltung verstehen. Gerade das macht den Film so wertvoll: Alle Seiten kommen zu Wort, doch der Film selbst vermittelt überhaupt keine Wertung. Seine Gedanken dazu muss sich jeder Zuschauer selbst machen. Der Film hat den Oscar für den besten ausländischen Film mehr als verdient – noch mehr verdient hätte er mehr Aufmerksamkeit. Gehört in die Galerie der besten Filme.

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