60 und so

6 08 2021


„Wie ist es denn so?“, wurde ich in der letzten Zeit des öfteren gefragt. „Ist die Zahl für dich ein Problem? Ändert sich etwas?“ Beides kann ich rundheraus beantworten: Nein. Oder vielmehr, zu 2: jein.
Geburtstage waren für mich nie besonders wichtig, was vielleicht daran lag, dass ich von der Familie oft vergessen wurde, seit ich Teenager bin, davor kann ich mich nicht mehr erinnern oder habe es verdrängt. Wichtig war für mich, volljährig zu werden und mein Leben fortan selbst bestimmen zu können, denn meine Generation ist eher überbehütet und unselbstständig aufgewachsen. Ab diesem Zeitpunkt haben Geburtstage mich nicht mehr sonderlich interessiert, und deshalb bin ich auch gerade zu den 0ern meistens weggefahren. Eine Ausnahme habe ich bei meinem 50er gemacht, also vor gerade mal – und doch schon so lange – 10 Jahren. Ich habe damals an jenem Mittwoch in München mit meinen engsten und liebsten Freunden aus der Umgebung gefeiert, und das war eine richtige Sause. Und dann habe ich weitergefeiert bis zum Wochenende, wo der RanchCon angesagt war, und das war erst recht zum Abschluss eine großartige Sause. Ich glaube, ab dem Geburtstag bis RanchCon-Ende war ich keinen Moment nüchtern oder hungrig. Diese Feier-Tage gehören zu den großartigsten meines Lebens. Ich war zum ersten Mal so richtig frei, ich war als Schriftstellerin und Verlegerin sehr erfolgreich, gesundheitlich ging es einigermaßen, da gab es hunderte Gründe zum Feiern und ich habe jeden einzelnen mit einem Schluck begangen.
Damals wusste ich schon, dass ich meinen 60er nicht mit Getöse absolvieren würde, so etwas gibt es nur einmal.
Die 60 ist heutzutage, finde ich, ein besonderer Geburtstag und eigentlich das neue 50. Zu Zeiten meiner Eltern waren das Altersfeste, sie waren alt, aber heutzutage ist man das nicht mehr. Die Lebenserwartung ist enorm gestiegen, man steht noch (insofern man nicht rausgeschmissen wird, weil neuer Job is nich) voll im Berufsleben und ist mindestens 7 Jahre von der Rente entfernt, man ist gesundheitlich nicht so verbraucht und geistig jung – klar, denkt man an den Aufbruch der 70er, an die volle Freiheit der 80er, die wie ich finde, schönsten Jahrzehnte seit Kriegsende. Und ich hatte das Privileg, genau zu der Zeit heranzuwachsen und junge Erwachsene zu sein und alles machen zu können, was ich wollte.
Dennoch gelte ich für den Staat durchaus als Seniorin, warum auch nicht, andere sind längst Großeltern. Ich betrachte das schmunzelnd bis höchst amüsiert. Nur leider darf ich noch nirgends zum halben Preis rein oder günstiger mit der Bahn fahren, grummel.
Was ist nun heute? Da bin ich immer noch erfolgreiche Schriftstellerin und Verlegerin, wenngleich ein wenig bedächtiger. Ich habe vor zwei Jahren einen 5-Jahres-Plan entworfen, in dem ich Zug um Zug weniger arbeiten werde und mehr genießen. Ich weiß ja nicht, wie viel Zeit mir noch bleibt und will auch vom Genuss nichts verpassen, nachdem ich 40 Jahre lang manchmal bis weit über die Grenze hinaus gearbeitet hab. Zu wenig Zeit zum schreiben bleibt mir auf alle Fälle, das steht fest. Ich kann unmöglich noch alle Projekte, die in meiner Schublade liegen, umsetzen – das ist das Einzige, womit ich ein bisschen hadere. Aber dann muss ich eben selektieren und den Rest wegwerfen, das ist der Grundsatz des Lebens: Selektion.
Von den Zielen, die ich mir einst gesteckt habe, habe ich die meisten erreicht. Manches, was noch fehlt, kann ich nicht mehr schaffen, aber dafür gibt es Alternativen. Pläne A habe ich noch genug, einschließlich Plan B, C, und D.
Mein Temperament und mein Kampfgeist sind wie ehedem, was beides grundsätzlich bei Reizworten, die beispielsweise mit N beginnen und auf azi enden, von 0 auf 360 in einer Nanosekunde dreht, und ich halte heute genausowenig wie früher meinen Mund. Also alles wie immer, nichts hat sich geändert!
Ich habe meinen Geburtstag nur mit meinem Mann und den beiden Hunden am Gardasee verbracht, zwei ganz wundervolle (faule) Tage, und dabei auch Überraschungen erhalten, die mich zu Tränen gerührt haben. Mein „Geburtstagsbuch“, das der Stammtisch München organisiert hat, und dazu Podcast, Youtube-Video, viele weitere Geschenke, Karten, Mails, Glückwünsche in den Social Medias. Besser geht einfach nicht, das war ein wundervolles Fest.
Schon allein deshalb kann ich sagen: 60 ist einfach super!


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