Artikel „Das Sterben einer Fankultur“ von Christian Spließ

Das SF-Fandom geht unter. Aha. (Schon wieder?) Und, was ist so schlimm daran?
In 20 Jahren allerdings wird der letzte Con wegen Aussterbens der Mitglieder schließen, der letzte SF-Club das letzte Fanzine an die Deutsche National Bibliothek geschickt haben.“ In 20 Jahren? Was kratzt mich das? Was kratzt das jeden anderen? In 20 Jahren hat sich vermutlich die Literatur- und Filmwelt vollständig gewandelt. Fans wird es immer geben, eine Fangemeinde – wer weiß. Warten wir es ab!
Das hier aber verstehe ich nicht: „Vielleicht wäre es tatsächlich gnädiger, jetzt schon den Stecker zu ziehen, damit das Fandom sich nicht so leiden dahinquält.“ Also bitte. Wer fühlt sich denn gequält? Die Leute, die hingehen? Die Leute, die nicht hingehen? Das Fandom wandelt sich, ganz klar, und auch die Cons müssen sich ändern.
Und sind dabei! Es gibt heute große Mediencons, wo junge Fans zu Tausenden hinpilgern. Ja, auch SF-Cons wie die FedCon. Tatsache, das ist SF, mit sehr viel Literatur dazu, mehr als es Filme gibt. Diese Literatur wird gekauft und begeistert gelesen. Auch zu Games, die wiederum verfilmt werden.
Warum wird seit Jahrzehnten so begeistert von den SF-World-Cons berichtet, wo alles viel besser, größer und schöner ist als bei uns? Wo schon immer das Mediale einen breiten Raum einnahm, wohin „die Großen“ kommen und sich ihrem Publikum stellen? Mir scheint, das Fandom weltweit ist groß und keineswegs am Sterben. Vielmehr scheint da etwas in Deutschland grundsätzlich im Argen zu liegen – und genau darauf klopft man seit Jahrzehnten herum.
Also, wo ist das Problem? Dass etwas im Wandel ist? Das Fandom ist heute größer denn je, nur eben anders. Es wird gelebt! Durch Cosplay, durch Interaktion mit Autoren, Schauspielern und Spiel- und Filmemachern. Dem passt man sich an oder nicht.
Grund zu einem (schon wieder … und eigentlich ewigen …) Trauergesang sehe ich überhaupt nicht, außer dazu, dass es in der Tat Zeit wird, die verstaubten alten Cons mit immer den gleichen Vorträgen abzuschaffen und dafür etwas Gemischteres, Bunteres zu bieten. Und vor allem wird es Zeit, mit dem Naserümpfen aufzuhören und sich elitär zu fühlen, das war man nie. Anspruchsvolle SF gibt es heute noch und wird es immer geben, und auch diese kann man auf großen Cons präsentieren, und sie wird interessiert angenommen. Und gekauft! Also wieso muss es die Trennung in „U-Cons“ und „E-Cons“ überhaupt geben? Ich selbst gehe viel lieber auf die Mediencons, weil sie einfach spannender, lustiger und abwechslungsreicher sind – und ja, weil man dort auch die interessanten „Macher“ trifft.
Ich kann mich erinnern, 1982 gab es schon sehr ähnliche Artikel und Abgesänge auf das Fandom und die Behauptung, in 10 Jahren gäbe es keines mehr. Und es stimmt, das Selbstmitleid ist ziemlich hoch in der SF („die SF ist tot“), weil ausgerechnet hier, wo es um zukünftige Weltenentwürfe geht, ein starres Beharren auf dem Status quo vorherrscht.
Ich kann einigem in dem Artikel zustimmen, halte aber doch so manches für reichlich überzogen, und auch schon oft, sehr oft in den vergangenen 30 Jahren gehört.
Und ich stehe grundsätzlich auf dem Standpunkt: (Besser) machen, nicht jammern!
Gerade hier besteht doch die Möglichkeit, aktiv etwas zu unternehmen.

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