Autoren und Verleger: Freund oder Feind?

Das ist jetzt eine provokante Frage. Aber abgemildert. Ich wollte sie eigentlich so stellen: unversöhnbare Feinde? Ja, das ist hart. Wie, ich beiße mich damit selbst, bin ja schließlich Verlegerin? Nein: ich bin Kleinverlegerin. Und die frustrierenden Probleme, die ich damit habe, sind nicht Thema dieses Blogs.
Wir reden hier von den Großen. Die Mittleren gibt es ja nicht mehr. Und: noch länger bin ich Autorin, und noch länger publiziere ich. Nämlich seit Mitte der 80er Jahre. Meine ersten Verlagskontakte hatte ich bereits 1977 im zarten Alter von 16 Jahren. Und damals war wirklich alles anders. Man hatte als deutschsprachiger Autor in einem verpönten Genre, das sich „Science Fiction und Fantasy“ nannte, zwar so gut wie keine Chance, außerhalb von Heftromanreihen publiziert zu werden. Aber wenn ein Lektor dein Potenzial erkannt hatte, auch wenn er dein aktuelles Werk nicht verlegen konnte/durfte/wollte, hatte er sich mit dir in Verbindung gesetzt. Ich hatte damals einige Jahre lang guten Kontakt zu Lektoren der Großverlage. Die gaben mir Tipps und spornten mich an, etwas zu schreiben, das sie publizieren könnten. Natürlich wollten sie auch Mainstream, klar. Das war damals wie heute ganz ähnlich, man setzte auf die ertragreichsten Rennpferde und war auf der sicheren Seite. Trotzdem hatte man wenigstens Kontakt und Austausch. Und bei den literarischen Verlagen waren die Verhältnisse in jedem Fall anders. Der Lektor arbeitete mit „seinem“ Autor. Ganz große Autoren wurden vom Verleger selbst betreut. Und der Autor erfuhr Achtung.
Die meisten dieser Verlage gibt es leider heutzutage nicht mehr. Oder sie sind Teil von Konzernen und müssen als Schafe mit den Wölfen heulen, weil sie ansonsten dichtgemacht werden.
Heute sind die Lektoren Zahlenmanager, und die Großverlage geben sich nicht mal mehr den Anschein einer Talentförderung. Sie setzen hauptsächlich auf „Wie ich tat es“-Werke von medienpräsenten, hoffentlich auch jungen und attraktiven Leuten, hofieren und umgarnen sie, und die restlichen (literarischen) Programmtitel nehmen sie dann für die Abschreibung. Sollte ein Titel davon tatsächlich mal ein Bestseller werden, ist niemand mehr überrascht als der Großverlag selbst, denn er hat doch schließlich nichts, aber auch gar nichts für das Buch getan. Um die Vermarktung muss der Autor sich selbst kümmern (wobei auch das nichts Neues ist und an sich ja ganz in Ordnung); nur muss der Autor irgendwann eine Kosten-Nutzenrechnung aufstellen, wie viel er investiert hat in die Werbung und an Arbeitszeit aufgebracht hat für das Buch, für das er im besten Fall 10% Tantiemen bekommt, für ein Taschenbuch gerade 5%, davon abgezogen der magere Vorschuss, von dem ein Familienvater gerade mal einen, höchstens zwei Monate seine vierköpfige Familie ernähren kann. Nimmt es da Wunder, dass viele Autoren den eBook-Markt für sich nutzen wollen? Sprechen wir nicht davon, dass viele nicht professionell lektorierte eBooks auf dem Markt sind – der Leser entscheidet selbst, ob ihn das stört oder nicht, darüber braucht man nicht die Nase zu rümpfen. Korrekturschlamperei gibt es auch zu Hauf in „richtigen“ Büchern. Die Großverlage beklagen sich über die „Schwemme“ an „Möchtegern“-Autoren in den eBooks. Vergessen dabei aber, dass auch professionelle Autoren längst dazu übergehen, ihre Werke im Digitalbereich selbst zu vermarkten. Weil dann nämlich die Chance besteht, dass am Ende tatsächlich ein „+“ vor dem Reinerlös steht, und weil die Werbung dann zielgerichtet für sich selbst investiert wird, und nicht für den Verlag.
Die Großverlage müssen daher auf Dauer umdenken, denn so weitermachen wie jetzt können sie nicht mehr lange. Irgendwann kommen auch die hofierten Autoren drauf, dass sie im Selfpublishing aufgrund ihres Bekanntheitsgrades und Verbreitung via Facebook und anderen sozialen Netzwerken genauso viel verkaufen können – aber dass einfach mehr bei ihnen hängen bleibt. (Ex-„Star Trek“ George Takei ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie es funktioniert.) Ein Verlag ist ein Dienstleister – auch gegenüber seinem Autor, denn den Großteil der Einnahmen erhält schließlich der Verlag, nicht der Autor. (Gewiss, er hat auch die Kosten, aber die können sinnvoll aufgebracht werden und sind oft sehr schnell hereingespielt.)
Es gibt einen sehr schönen Artikel dazu auf dem Deutschlandfunk, der haarscharf die Situation auf den Punkt bringt und die Stimmen von Autoren bringt. Dafür danke ich.
„Prominente Autoren erhöhen das Renommee von Verlagen. Verlage verdienen an der Prominenz der Autoren. Alles dreht sich um die Auflage. Wer sie nicht erreicht, dem werden schon mal Ratschläge für marktgängiges Schreiben erteilt. Die Folge: Immer mehr grundsolide und berufsmäßige Schriftsteller, die ihren eigenen Weg suchen und gehen, fühlen sich mit ihrer literarischen Arbeit an den Rand gedrängt.“

 

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