Bayerische Narreteien

„Liberalitas Bavariae“ wird ja ganz gern mal angeführt (auch vor Jahrzehnten von längst vergangenen Politikern wie Franz-Josef Strauß, welch ein Anachronismus), aber dieses angebliche „Leben und Leben lassen“ war und ist eine heuchlerische Lüge, was in einem erzkatholischen Land nicht verwundern darf. Aber weil wir ja die heimliche Hauptstadt mit Herz haben, und das Oktoberfest, die schönen Lebkuchenherzeln, die Bussi-Gesellschaft und viele Amigos, will man diese Lüge nur zu gern glauben, nicht nur der Preiß‘ – Pardon, der jenseits des Weißwurst-Äquators Beheimatete (muss es wohl nicht-diskriminierend laut des extrem p.c. Verlags Thienemann aus dem Schwabenland heißen) -, sondern sogar der Bayer selbst. Zumindest, solange er seine Maß Bier oder Weißbier und den Schweinsbraten vor sich stehen hat. Andererseits, wenn man hier lebt, muss man sich halt in die Tasche lügen.

Worüber rege ich mich mal wieder auf? Da soll die – überaus verdiente und von mir nunmehr schon seit Jahrzehnten geschätzte – Kabarettistin Veronika von Quast den Ehrenpreis der Faschingsgesellschaft „Würmesia“ erhalten. Weil sie aber als Laudator Sebastian Frankenberger wollte, und weil der Preis nur im Heide Volm überreicht werden kann, und weil Sebastian Frankenberger dort lebenslanges Hausverbot hat – wird ihr der Preis nun wieder aberkannt und jemand anders bekommt ihn.

Ja wo samma denn?! Und warum hat dieser schreckliche Mann Hausverbot, und warum ziehen alle anderen alteingesessenen Klüngel-Bierdimpfl-Wirte „solidarisch“ mit? Gemeinschaftsmobben auf öffentlicher Ebene? Das unverzeihliche Verbrechen des Mannes ist: Sebastian Frankenberger hat das Volksbegehren gegen das Rauchen in Gaststätten initiiert. Dafür gebührt ihm nicht der Rausschmiss, sondern mindestens 3 Orden! Denn dank seiner Initiative kann auch ich wieder in Wirtshäuser gehen, was mir aufgrund meiner Atemwegserkrankung bis dato unmöglich war, oder vielmehr nur für kurze Zeit mit anschließend längerer Büßerzeit dafür, aber nicht religiöser Art. Meine Klamotten stinken nicht mehr, und ich muss auch nicht sofort nach Wirtshausbesuch unter die Dusche, weil ich selbst ebenfalls unerträglich stinke. Und ich bin ja nicht allein, die Mehrheit hat so abgestimmt. Ein Hoch auf Frankenberger, und Danke dafür, und Danke an alle, die für das Rauchverbot gestimmt haben. Allerdings, jetzt, wo ich es kann, verzichte ich angesichts solcher Eskapaden gern auf den Besuch in solchen Etablissements, und ich werde gewiss auch keine Gäste mehr zu diesen „traditionsreichen Wirtschaften“ führen. Nein, ganz bestimmt nicht.

Man könnte ja diese gänzlich unkomische Narretei für einen nur allzu schlechten Faschingsscherz halten. Aber leider ist es die Wahrheit. Ein Preis an eine Person wird nicht verliehen, weil eine andere Person Hausverbot hat, und weil alle z’amhalten, einschließlich des Kasperlevereins Würmesia, werden gleich alle beide Personen schlichtweg zu einer einzigen persona non grata diskreditiert. Ein einziger Wirt bestimmt darüber, wer einen Preis bekommt, und die Verleiher sowie alle seine „Freunde“ kuschen! Ich glaub’s ja nicht!

Aber was wundert mich das in einem Land, in dem schon auch einfach mal staatliche Willkür in Form von Zensur verübt wird (und niemanden interessiert der im Grundgesetz verankerte Grundsatz „eine Zensur findet nicht statt“, stattdessen lacht man einfach nur über die „schrulligen Bayern“), indem man ein Programm schlichtweg abschaltet. Weil man ihm entweder religiöse Verstöße anlastet, oder, was weitaus schlimmer ist, Kritik an der Politik. Und nun wird auch jemand abgeschaltet, der etwas für die Gesundheit tun will. Und wer mit ihm zusammenhängt, gleich mit, zapp, weg damit! Sippenhaft, Schluss aus, wer in Bayern nicht mit den Großkopfeten jubelt, wird hinweggefegt in den Gully, wo er hingehört.

Ich bin fassungslos und ungläubig, wenngleich es mich nicht wundern sollte. Veronika von Quast tut das einzig Richtige – sie verzichtet auf den Preis unter solchen Voraussetzungen. Und ganz ehrlich: So einen Preis braucht sie auch ganz gewiss nicht.

 

 

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