Before Watchmen 2: Rorschach

Das Dream-Team Brian Azzarello und Lee Bermejo hat uns schon den grandiosen (nichts für zarte Gemüter) „Joker“ beschert, und entsprechend hoch waren meine Erwartungen. Durch die Vorlage der „Minutemen“ einerseits und die Teamarbeit an „Joker“ andererseits. Und was ist dabei herausgekommen, dass Azzarello sich Rorschach vorgenommen hat, die wichtigste, interessanteste und absolute Hauptfigur des Watchmen-Universums?
Leider nur banaler Durchschnitt.
Vorweg gesagt: Wer die Watchmen nicht kennt, weiß und erfährt nicht, wer Rorschach ist. Warum er sich so nennt, warum er diese Maske trägt. Es ist natürlich nicht notwendig, die Origin nochmals durchzukauen, nachdem wir sie in „Watchmen“ ausführlich präsentiert bekommen. Aber wir erfahren einfach gar nichts über Rorschach. Der ist einfach nur ein Vigilant, der sich auf kleinem Gebiet mit Drogendealern und Zuhältern herumprügelt. Punkt, Ende der Geschichte.
Eigentlich geht es ja um einen Serienkiller, doch das bleibt eine Rahmenerzählung.
Rorschach, der als Watchman über einen sehr scharfen Verstand mit hervorragenden Kombinationsfähigkeiten verfügt, stolpert hier von einer Falle in die nächste, ohne daraus zu lernen, sich vorzubereiten; völlig unprofessionell. Er ist ein blutiger Anfänger und totaler Dilettant, wie wir ziemlich schnell mitbekommen, und stellt sich schlichtweg dämlich an. Das passt überhaupt nicht zu der Origin in „Watchmen“, aus der sich dieser ganz besondere Vigilant entwickelt hat, der mindestens gleichauf mit dem Comedian steht. Wie er den ersten Angriff überlebt, ist schon haarsträubend, aber beim zweiten Mal ist das schlichtweg dermaßen hanebüchen konstruiert, dass ich fast keine Lust mehr hatte weiterzulesen. Vor allem ist diese in den Vordergrund gestellte Storyline völlig unwichtig und uninteressant (und bitte, so ein „Monster der Woche“ als Gegenspieler wie aus einem typischen Superheldenstrip aus den 60ern, das ist einfach nur gähnend langweilig). Der Serienkiller ist nur eine Konstruktion und erlangt überhaupt keine Bedeutung, da er überhaupt nicht ins Bild kommt. Hier ne Leiche, da ne Leiche, Ende.
Wenn man den Band loslöst aus dem „Watchmen“-Universum, ist er für sich einigermaßen Durchschnitt ohne irgendwelchen Tiefgang. Wobei Rorschachs Motivation nicht zum Tragen kommt, und er bewegt sich nur auf winzigem Terrain rings um sein „Gunga Diner“, in dem er immer isst. Sehr kleine Welt, was genau das soll – keine Ahnung.
Was mich am meisten stört, es gibt keinerlei Beziehung zu den „Watchmen“. Wir erfahren nicht, dass Rorschach nicht der einzige Vigilant ist, und am Ende hätte ich mir doch eine Begegnung mit Nite Owl erhofft, um den Faden zu knüpfen, wieso Rorschach sich den „Watchmen“ überhaupt anschließt.
So bleibt nur eine 110-seitige Kleinganovenprügelei mit Tiger (total blöd, der Tiger da drin), die der großartigen Figur Rorschach nicht einmal ansatzweise gerecht wird. Das wurde jedenfalls gründlich in den Sand gesetzt und erweckt Angst in mir vor Band 3 mit dem Comedian, der besten Figur der „Watchmen“, der wiederum von Azzarello stammt. Schade!

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