Und wieder ist Brian Azzarello am Ball, diesmal mit Zeichner J.G. Jones.
Nun ist also jene Figur an der Reihe, die der Auslöser für die Ereignisse der Watchmen-Storyline war. Der Zyniker, der die Realität mit einem brillant scharfen Verstand erkennt, dabei aber leider emotional nicht in der Lage ist, irgendetwas Positives finden zu wollen – oder es selbst zu erschaffen. Stattdessen zerstört er immer noch weiter, bis er in der Hauptstory letztendlich seinen Meister finden wird, der ihn an Zynismus schlägt, und woran er dann zerbricht.
Jones, das muss man sagen, macht seine Sache hervorragend.
Die Geschichte … wie soll ich sagen. Ich bin zwiegespalten. Der Comedian gibt jede Menge her, aber auch hier konzentriert sich Azzarello auf den Meilenstein seines Lebens, Vietnam, und dort auf nur ein einziges Geschehnis. Immerhin schafft er diesmal eine kleine Brücke zu den Watchmen in einer winzigen, mitten in die Storyline hineingepflanzten Szene, über die man froh ist, dass sie da ist, aber nicht so wirklich weiß, warum eigentlich. Doch in dieser Szene überstrahlt die gewaltige Persönlichkeit Blakes einfach alles und zeigt sich so, wie sie sein soll.
Der Einstieg mit den Kennedys, „der Fall Monroe“, die Interpretation einer Aussage bei den Watchmen, was der Comedian mit Dallas zu tun hat, das ist sehr interessant, sehr gefühlvoll, pointiert und eindringlich.
Sobald es dann aber nach Vietnam geht, springt die Geschichte permanent im Zeitverlauf hin und her, sodass ich mir schwer getan habe zu folgen, obwohl Jones dankenswerterweise pro Zeitlinie andere Farben angelegt hat. Ich habe aber trotzdem mehrmals hin und herblättern müssen, um mir das Geschehnis zusammenzureimen, weil es fast nur aus Andeutungen besteht und erst so nach und nach herauskommt, was tatsächlich passiert ist. Es gibt hier nur eine einzige Szene, nämlich ein Massaker. Aus den Watchmen wissen wir aber, dass dort noch sehr viel mehr passiert ist. Und hieraus ergibt sich ein dicker, fetter Bug – Eddie Blake kommt ohne Narbe aus dem Krieg zurück. Ich habe mehrmals nachgeschaut und auch die Zeitläufe verglichen, aber bis in die 80er hinein hat er keine Narbe. Das stört mich bei aller Sorgfältigkeit, um die Azzarello sonst bemüht war, ganz erheblich. Dass er die Szene weggelassen hat, wie es dazu kam, weil sie ja schon mal erzählt worden ist, gut – aber die Narbe wegzulassen, das geht nicht.
Die Vietnamsache wurde mir zu wirr, die ständigen Szenensprünge vor und zurück, das hat mich ziemlich aus dem Lesefluss gerissen. Der Comedian ist nach wie vor sehr präsent, wird aber irgendwie ständig im Auftritt „abgewürgt“. Da hätte noch ein gutes Stück mehr in ihm gesteckt, das wir gern erlebt hätten.
Dieser Teil ist erheblich besser als der Vorgänger, vor allem der Einstieg ist hervorragend gelungen, aber auch das erreicht bei weitem noch nicht das zugegeben sehr hohe Niveau der „Minutemen“. Als nächstes ist „Nite Owl“ von Straczynski dran – darauf bin ich jetzt wirklich gespannt und hoffe auf Steigerung.