Filmhits 2009

Und wieder ist ein großartiges Kinojahr vergangen mit einer Menge Highlights. Diesmal suche ich aber nicht eine bestimmte Anzahl Filme aus, sondern liste einfach mal auf, was ich so gesehen habe. Der Einfachheit halber alphabetisch, nicht nach Genre. Fangen wir an!

Avatar: Optisch hervorragend gemacht mit einer faszinierend schönen Welt und faszinierend schönen Wesen und Kreaturen, ein Genuss in 3D, bei 08/15-Klischee-Pappschablonen-Handlung ohne Tiefgang, Wendung oder Überraschung. Die Geschichte funktioniert dadurch aber, deshalb insgesamt überdurchschnittlich gut.
Coraline: Klasse! Allein schon von der Optik her sehenswert, die Umsetzung ist hervorragend gelungen. Mehr muss man zu Neil Gaiman nicht sagen – wir kennen ihn doch alle. Daumen hoch!
District 9: Das geht an die Nieren. Was die unmittelbare SF-Handlung mit den Aliens (Herkunft usw) betrifft, schwächelt der Film etwas, aber darum geht es gar nicht. Der Film ist eine Parabel über die (Un-)Menschlichkeit, die keine Parabel ist, und die Aliens sind analog den Menschen. Anhand der Entwicklung des Hauptcharakters Wikus zeigen sich alle Abgründe auf, doch auch ein leiser Hoffnungsschimmer, denn auch das sind die Menschen. Aufregend von der ersten bis zur letzten Minute. Ob so viel Splatter hätte sein müssen sei dahingestellt. Stark beeindruckend und nachhaltig, schaue ich mir nicht nochmal an. Fast volle Punktzahl.
Gran Torino: Großes Kino, großes Sozialdrama, Clint Eastwood auf dem Höhepunkt der Bärbeißigkeit. Über die Schwierigkeit, alt zu werden und jung zu sein. Über Charakterstärke, sich nicht ins Rudel einzufügen und anzupassen. Wortwitz, pointierte Dialoge, leise Töne und raubeinige Zärtlichkeit: So muss es sein. Sehr stark anrührend Eastwoods zittrige Altmännerstimme im Gesang am Ende des Films.
Hangover: Eine wirklich originelle, lustige und gelungene Komödie über eine verlorene Nacht in Las Vegas. Das Tüpfelchen auf dem I sind die Fotos während des Abspanns. Daumen hoch.
Harry Potter 6: Der Film ist besser als das Buch (was nicht allzu schwierig ist), auch wenn wesentliche Bestandteile fehlen (z.B. wieso der Halbblutprinz so heißt) und deshalb von Nicht-Kennern der Bücher kaum nachvollzogen werden können. Übrig bleibt eine unterhaltsame Teenie-TraKomödie mit Darstellern, die voller Herzblut dabei sind. Keine nachhaltige Wirkung. Durchschnitt.
Ice Age 3: Jaaa, volle Punktzahl! Nach dem doch deutlich schwächelnden Teil 2 ein opulentes, auch ohne 3D technisch perfektes Bild mit allen reizenden und liebenswerten Figuren, neuen Charakteren, und wieder geht es um Freundschaft und Familie, mit sehr viel zum Lachen. Einen Rudy sollte jeder haben.
Illuminati: Durchschnittliches Popcorn-Kino bei hanebüchener Story mit Logikfehlern, um die Geschichte hinzubiegen, und mit einem äußerst gelangweilten und lustlosen Tom Hanks, nicht weiter der Rede wert. Die Rom-Führung allerdings ist schön. Kann man sich anschauen, muss man aber nicht.
Inglourious Basterds: Hierzu habe ich mich schon hier geäußert.
Küss den Frosch: Ein reizender Film für die ganze Familie in klassischer Disney-Tradition: Zeichentrick und viele Songs, und das mitten in Louisiana. Liebevoll, lustig, entspannend.
Knowing: Ach bitte, Herr Cage, das können Sie doch besser! Der Film ist bis zur Hälfte spannend, wenngleich die Story auch da schon keinerlei Sinn ergibt, aber egal, es ist unterhaltsam. Die Sache mit dem Flugzeug hat mich fast aus dem Kinosessel gehoben. Dann aber wird es nur noch hanebüchen, übertrieben, unlogisch, morallastig, überreligiös mit unmenschlicher Botschaft, um nicht zu sagen: abstoßend. Da stürz ich doch lieber in die Sonne. Daumen runter.
Oben: Ein alter Mann macht sich mit der Beharrlichkeit eines Fitzcarraldo auf, um ein Haus auf einen Berg zu bringen, und erkennt fast zu spät, was „Abenteuer“ eigentlich bedeutet. Ein bezaubernder, witziger und sehr anrührender Film mit einer absolut großartigen, räumlich wirkenden Technik und liebenswerten ebenso wie liebenswürdigen Charakteren und durchgeknallten Schurken. Aber Achtung: In der ersten halben Stunde Taschentücher bereit halten! Ähnlich wie bei Wall-E eine nahezu wortlose Lebens- (und Liebes-)geschichte, die keinen unberührt lassen kann. (Es sei denn, er ist kalt wie toter Fisch.) Das ist nachhaltiges, wunderbares Kino und verdient ein Sehr Gut und Daumen hoch.
Pandorum: Überraschend, aber wahr: Richtig gute SF aus Deutschland. Mit internationaler Besetzung und einem Dennis Quaid, der sich mal wieder ordentlich reinhängt. Von der ersten Minute ab gruslig, spannend und voller Tempo, mit vielen Rätseln, bei denen nicht klar wird, ob es Realität ist oder nicht, einer überraschenden Auflösung und einem schönen Ende. Die Elysium ist optisch hervorragend geraten, außen wie innen, mit klaustrophobischer Atmosphäre. Ein Film, der ohne viel CGI auskommt und trotzdem durch und durch SF zeigt. Prima! Mehr davon!
Planet 51: Und wieder ein SF, diesmal Animations-CGI-Film aus Europa, der sich sehen lassen kann. Ein lustiger Spaß mit vielen Zitaten in Bild und Ton, der amerikanische (Vorstadt-)Traum der 50er, zweimal Arnie … ja, so macht Kintopp echt Vergnügen!
Public Enemy No 1: Der erste Teil über den französischen Superganoven Jacques Mesrier (50er/60er Jahre), der unter anderem dafür gesorgt hat, dass die unmenschlichen Haftbedingungen für Schwerverbrecher z.B. in Kanada verbessert wurden. Manchmal menschlich, manchmal eine rasende Bestie, häufig gnadenloser Killer, sehr facettenreich, und hervorragend gemachtes französisches Kino mit allerdings leichten Anlaufschwächen und Längen in den ersten 50 Minuten, teilweise zu harten Schnitten, die irgendwie ins Leere führen, dann wird’s aber rasant. Guter Durchschnitt. Teil 2 wurde im Kino nicht mehr angeboten, da warte ich auf die DVD.
Slumdog Millionaire: Das zweite große Sozialdrama neben Gran Torino in diesem Jahr. Die Idee, die Lebensgeschichte des jungen Mannes mit den Quizfragen zu verbinden, ist wirklich originell. Wir erfahren ein wenig vom indischen Leben, sind schockiert und gerührt zugleich und tauchen in eine fremde Welt ein. Mit Witz, Charme und einer Riesenportion Glück schlägt sich unser Quizstar durch. Hervorragend!
Star Trek: Oh ja, so will ich Kirk, Spock und Pille haben! Das ist der Flair, den ich brauche, und jede Menge Spannung, was schert mich da Logik oder Handlungsschwäche. Ich bin zwei Stunden lang völlig weg von der Welt und sause mit Warp durchs All. Ab in die Sammlung und hibbeliges Warten auf Teil 2!
State of Play – Stand der Dinge: Kinofassung eines (im übrigen hervorragenden) britischen TV-6-Teilers mit einem wie immer unglaublich präsenten Russel Crowe und einer nicht minder grandiosen Helen Mirren (ich möchte mehr von den beiden in einem Film!), spannend und intrigant, leider mit einem Logikbug am Ende, um die Auflösung hinzubiegen. Schade, das hätte auch anders funktionieren können. Reicht nicht an die Qualität des Mehrteilers heran. Dennoch ein überdurchschnittlich guter Film.
Terminator IV: Tut mir leid, Mr. Bale, ich mag Sie sehr als Batman und in Equilibrium, ich habe Sie auch in The Machinist bewundert, aber als John Connor taugen Sie nix. Da fehlt Ihnen das Charisma, das Ihr „Gegenspieler“ dafür umso mehr aufbietet. Eigentlich ist es ein „Marcus Wright“-Film. Bleibt unterm Strich ein unterhaltsamer Film mit ein wenig T-Feeling, aus dem man mehr hätte machen können (und müssen nach dem unterirdisch grottenschlechten Teil 3) – aber T5 lässt ja schon grüßen. Knapp über Durchschnitt.
Watchmen: Dazu habe ich mich schon hier geäußert.
Wickie und die starken Männer: Ein Film der etwas leiseren Töne, liebevoll in Szene gesetzt von Michael Bully Herbig. Er selbst ist allerdings das (einzige) Manko des Films, seine Auftritte kommen einem spanisch vor und sind ebenso überflüssig wie nervtötend. Sowohl der kleine Wickie als auch sein dröhnender Vater tragen den Film gelassen, besonders hervorzuheben wieder einmal Herr Herbst. Jede Besetzung passt, und man fühlt sich ganz wie damals. Macht wirklich Spaß.
Willkommen bei den Sch’tis: Volle Punktzahl für einen superwitzigen, sehr französischen und sehr liebevollen Film, der „Monsieur Hulot“-Tati voll und ganz zur Ehre gereicht! Lachen, bis man Seitenstechen kriegt.
Wo die Wilden Kerle wohnen: Ein sehr emotionaler, beeindruckender und berührender Film über einen einsamen, wilden Jungen. Es ist nicht einfach, ein König zu sein.
Wolverine: Mein lieber Mr. Hugh Jackman, Hauptsache, ich kann Sie sehen, und in diesem Film komme ich wirklich voll auf meine Kosten, was Ihren prächtigen Körper und Ihr blendendes Aussehen betrifft. Also da guck ich mir den Film doch glatt nochmal an, nur Ihretwegen. Und mehr gibt’s da auch schon nicht zu sehen. Zu wenig von Wolverines Vorgeschichte, zu viel Rumgebolze um Nix und wieder Nix. Schade. Mit Ach und Krach Durchschnitt.

Inglourious Basterds

Das vornehmlich Positive am Film ist, dass es keine einzige positive Figur in dem Film gibt. Sie sind alle Menschen in all ihren Facetten und tun das, was sie glauben, tun zu müssen. Ihre Charakterisierung als Individuen tritt umso stärker hervor, indem Hitler und Goebbels als karikierte Figuren der Diktatoren per se aufgeführt werden. So haben wir Idi Amin, Baby Doc, Mussolini und wie sie alle heißen, in historischer und manchmal auch authentischer Bearbeitung erlebt. Hitler/Goebbels sind eine wandelnde Definition, keine lebenden Menschen, und Tarantino entmystifiziert sowohl die Personen als auch ihre Position konsequent. Ich glaube, genau diese Entmystifizierung wird ihm vor allem zum Vorwurf gemacht, dabei sollte man dafür dankbar sein.

Und trotzdem hat Quentin Tarantino nie die Distanz verloren, und er hat es geschafft, keinerlei Bewertung oder gar persönliche Wertung hineinzulegen. Alle sind Charaktere für sich, mit eigenen Motiven, mit eigenen Emotionen und Verzweiflungen. Niemand wird verurteilt, angeklagt oder an den Pranger gestellt. Es gibt keine Guten oder Bösen, nur Menschen. Jeder hat einen Grund für das, was er tut, und findet es nicht immer gut.
Was Tarantino an den Pranger stellt, ist die Ursache so vielen Leids: Verfolgung, Krieg, Unterdrückung, vor allem aber auch die Verherrlichung von Kriegshelden in seinem „Film im Film“, dem „Stolz der Nation“. Und zeigt gleichzeitig die Entwicklung des Kriegs-Film-Helden und Selbstdarstellers, der bei der Filmbetrachtung zum ersten Mal aus der Außensicht erlebt, was er da getan hat, und trotz seiner Überzeugung und dem ursprünglichen Stolz auf seine Tat in dem Moment nur noch von Grauen geschüttelt wird.

Tarantino hat sich mit der Materie intensiv auseinandergesetzt. Der Mann weiß ganz genau, was er da als Thema angefasst hat, und hat sich mit perfider Akribie und Detailperfektion ans Werk gemacht.

Und nur wer so eine Kenntnis hat, kann daraus eine dermaßen perfekte, scharfsinnige, scharfzüngige Parabel gestalten, wie es geschehen ist.

Und dabei ist es immer ganz Tarantino-Stil, seine Kapitelaufteilung, seine Einwürfe, seine Markierungen, die einem immer wieder bewusst machen sollen: Hallo Leute, das ist ein Film. Es ist Kintopp. Es ist eine Parabel, verpackt in ein Märchen.

Die Figur Hans Landa bringt uns eine Metapher über Ratten und Eichhörnchen. Das bringt das Thema auf den Punkt und findet im einzigen realistischen, ersten Kapitel des Filmes statt, bevor die Entmystifizierung und das Märchen beginnt.

Und Tarantino zeigt wieder einmal seine hingebungsvolle Liebe zum Film, zum Kino, schon im zweiten Kapitel, wenn wir uns im Sergio Leone-Western wähnen mit Ennio Morricone-Musik. Selbst die Kameraeinstellungen sind genau angepasst, die Mimik der Beteiligten, als wären wir in „Spiel mir das Lied vom Tod“. Da frage ich mich doch glatt: Hätte es auch einen einzig unartikulierten Aufschrei der erregten Menschenmassen wegen der angeblich überzogenen Gewalt gegeben, wenn sie alle tatsächlich Stetson getragen und Kautabak gekaut hätten? Oder wenn der Handlungsort Asien, Vietnam, Cowboy-und-Indianer-Western gewesen wäre?
Sicher kann man sagen: Muss man unmittelbare Gewalt zeigen? Nein. Muss man nicht. Genau das habe ich mir aber auch beim „Baader-Meinhof-Komplex“ gedacht, als minutenlang auf Leute in und neben einem Auto geschossen wird, als sie zu Brei zerschossen werden, mit Nahaufnahme. Ja: Minutenlang. Oder wie war das doch bei „Soldat James Ryan“? „Passion Christi“?
Das finden wir hier aber gar nicht. Tarantino setzt die Gewalt hier ganz bewusst und explizit – und sehr kurz, sowie in nicht einmal 10% des Gesamtfilms bei zweieinhalb Stunden Länge – ein, weil sie nun einmal Bestandteil des Krieges und der Unterdrückung ist. Und so ganz nebenbei entmystifiziert er dabei auch noch den Mythos des „edlen Wilden“ Amerikas.

Es gibt aber nicht nur viele historische Details, sondern auch viele, viele Anspielungen und Hommagen an Filme, Literatur und mehr.
Bei den vielen Details und pointierten Dialogen bin ich mir sicher, dass ich gar nicht alles mitbekommen habe. Erst so nach und nach in der Aufbereitung erschließt sich mir das Hintergründige, zwischen den Zeilen zu Lesende, so Tiefsinnige, was nicht aufdringlich und mit erhobenem Zeigefinger gebracht wird. (Ein Stichwort hier: Milch. Ja, so etwas Banales wird zur causa dramatica.) Tarantino geht auch sehr behutsam mit Bezeichnungen um. So ist nie von „den Deutschen“ die Rede als Synonym für „die Nazis“, sondern immer nur „die Nazis“. Allein schon der Kunstwort-Titel, unrühmliche Bastarde, wie kann man das falsch verstehen? Und dergleichen mehr. Wie gesagt, ich habe sicher nicht alles mitbekommen.
So kann jeder in dem Film sehen, was er will, und sei es auch nur, dass er einfach nicht zuhört, nicht auf die Milch achtet und sich lediglich auf die 10% Gewalt konzentriert. Damit hat er aber weder den Film noch Tarantino verstanden.

Ach ja.
Die Ratten und die Eichhörnchen. Allein deswegen, allein wegen Kapitel 1 sollte man den Film gesehen haben. Danach kann man ja wieder rausgehen.

Und dann gibt’s da noch (diese Zitate sind nicht zusammenhängend):
Landa: „Ich verstehe nicht, warum er sich gegen den Beinamen „der Henker“ wehrt, wo er doch alles, wirklich alles dafür tut, um ihn sich zu verdienen!“

Landa: Zuvor erklärte er gerade, wie ein Jude denken zu können. Dann: „Sie glauben ja gar nicht, wozu Menschen in der Lage sind, wenn sie erst einmal ihre Würde abgegeben haben.“

Aldo: „Wissen Sie, wenn Sie diese Uniform ausziehen und verbrennen, kann Sie ja niemand mehr erkennen, wer Sie in Wirklichkeit sind. Und damit habe ich ein Problem.“

Ein Meisterwerk eines Regisseurs, der stets sehr viele Emotionen und Kontroversen auslöst, in Grund und Boden verdammt oder in den Himmel gelobt wird. Seine sensible Nase für die Auswahl der richtigen Darsteller hat sich noch nie getäuscht, und so auch hier. Sämtliche Darsteller erfüllen ihre Rolle perfekt.
Die größte Hochachtung aber hat Christoph Waltz verdient, der mit dieser Leistung im bisherigen Kinojahr weitab vor allen anderen auf Platz 1 steht. Chapeau! Meine Verehrung, Herr Waltz. Ich erinnere mich noch an Ihre erste größere Rolle vor langer Zeit in der Tristan- und Isolde-Verfilmung, wie hieß sie, „Feuer und Schwert“? Schon damals sah ich viel Potenzial in Ihnen, das in „Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit“ seinen ersten großen Höhepunkt fand und nun in der Darstellung des perfiden Hans Landa gipfelt. Ich wünsche Ihnen, dass dies der Startschuss zu vielen weiteren guten Rollen ist.

Nachtrag: Gerade im Netz gefunden: Ein Pressespiegel zum Film

Watchmen

Ich kann mich noch genau erinnern, als ich die Graphic Novel damals von der Buchmesse mit nach Hause nahm; es muss so Ende der 80er gewesen sein. Der Hype um dieses große Epos setzte gerade ein, aber es gab noch lange keine Internetforen, wo man sich darüber austauschen konnte. Dennoch: Man wusste, da ist eine große Gemeinde, die empfindet genauso wie man selbst.
Es ist eine Parallelwelt, die da im Jahre 1985 gezeigt wird, fast real und doch auch futuristisch, und das liegt nicht nur an den Superhelden.
Und Superhelden sind sie in der Tat, genau das, was man sich darunter vorstellt, der perfekte Archetypus. Sie sind außergewöhnlich, besitzen außergewöhnliche Kräfte, doch tief drin, da sind sie der Typus Mensch: Verletzlich, gewalttätig, desillusioniert, hoffnungsvoll, zynisch, liebend. Die ganze Bandbreite rauf und runter. Rorschach ist der Held der Geschichte, wir begleiten ihn von Anfang bis Ende. „Keine Kompromisse“, sagt er. Und er sagt auch: „Es darf nicht ein unschuldiges Leben geopfert werden, um Millionen Schuldige zu retten.“ Sicher, der Feind meines Feindes ist mein Freund. Doch der große Plan von Ozymandias geht nicht auf, kann nicht aufgehen. Alles, was er geschafft hat, ist für den Augenblick ein Symptom zu bekämpfen. Doch die Ursache ist nicht beseitigt. Der Mensch hat sich nicht geändert, er hat sich nur der veränderten Situation angepasst. Weltfrieden? Keine Spur. Vielleicht heute und morgen, doch eines Tages ist es damit vorbei, und alles beginnt von vorn. Und damit waren dann all die Opfer wirklich umsonst. Sollen es zweihundert Jahre gewesen sein, die man gewinnt, das rechtfertigt nichts, wenn am Ende – und auch als kurzlebiger Mensch muss man ein bisschen weiter denken als ein paar hundert Jahre – genau dasselbe Ergebnis droht, nur vielleicht auf noch brutalerer Ebene. Der Mensch ist, was er ist, er kann durch so eine Aktion nicht „gerettet“ werden. Rorschach hat recht: Die Wahrheit muss bekannt werden. Man kann ein kurzlebiges Ideal nicht auf einer Lüge aufbauen. Das ist kein Dienst an der Menschheit, sondern Verrat an jedem Einzelnen, der ein Anrecht auf Leben und vor allem seine eigene Entscheidung hat. Alles andere ist Diktatur.
Es ist unglaublich, mit welcher Detailtreue Zack Snyder die Vorlage umgesetzt hat, wie er die komplexe Geschichte aufdröselte, notwendigerweise kürzte, und doch als komplettes Ganzes präsentierte, bei dem jemand wie ich, der die Novel mindestens sieben Mal gelesen hat (und immer noch neue Details entdeckt), nicht das Gefühl hat, dass etwas fehlt. Selbst der geänderte Schluss ist auf diese Weise eine schlüssige Weiterführung der ursprünglichen Fassung und funktioniert hervorragend. Auch den Film muss ich mehrmals anschauen, um all die vielen Details zu entdecken, die hier untergebracht wurden. Eines habe ich ziemlich schnell entdeckt, Zimmer Nr. 300 bei Hollis, doch dann ging vieles verloren, weil ich mich auf die Story – obwohl ich sie kannte – konzentrieren musste. Die Detailtreue bei dem Design ist unglaublich, die Darsteller sehen bis in die letzte Haarlocke und das Gramm Fett exakt so aus wie die gezeichnete Vorlage, selbst die Kleidung, der Bademantel, der Blutspritzer auf dem Smiley, die fürchterliche Mütze des Psychiaters, die groteske Nase von Richard Nixon … Die deutschen Synchronstimmen sind sehr akribisch ausgesucht worden, am meisten faszinierend ist die sanfte, immer leicht abwesende Stimme von „Doc Manhattan“. Kritisiert wurde die teilweise überbordende Gewalt. Ich interpretiere das so: In den Superhelden-Comics schlägern die Superhelden, was das Zeug hält, und es endet immer sauber. Gewalt aber ist Gewalt. Es gibt keine gute oder böse. Wenn einer dem anderen die Faust ins Gesicht pflanzt und die Nase bricht, gibt es Blut und Knorpelsplitter, egal ob die Faust nun dem Guten gehörte oder dem Bösen. Die Watchmen verherrlichen keine Gewalt, sie setzen sie ein, wie die Gegner sie auch einsetzen, doch deswegen gibt es am Ende keine sauber verschnürten Ganoven, die nicht mal ein blaues Auge haben. Gewalt ist schmutzig, blutig, zerstörerisch, egal, wer sie einsetzt. Genau das zeigt Snyder.
Die Vorlage ist ein Meisterwerk, das für sich allein steht, und der Film ist es ebenso. Sehr komplex, mit einer Detailfülle, die sich erst nach und nach erschließt (ich fange bei dem Film wieder von vorne an), und dazu die perfekt ausgesuchte, bis in den letzten Ton passende Musik. Es funktioniert auch, dass es bei dem Jahr 1985 blieb.
Was für nicht verfilmbar gehalten wurde, musste nur lange genug warten, um ebenso perfekt wie die Vorlage in ein neues Medium transportiert zu werden. Gratulation, das ist ein zweiter Meilenstein, und ich freue mich schon auf die superlange DVD-Fassung mit dem „Black Freighter“.

Kollegin und Freundin Claudia Kern hat ebenfalls einen Kommentar verfasst: Hier.

Gestorben: Patrick McGoohan und Ricardo Montalban

Patrick McGoohan ist nach kurzer Krankheit mit 80 Jahren bei LA verstorben. Am meisten bringt man ihn wahrscheinlich mit der legendären Kultserie „The Prisoner – Nummer 5“ in Verbindung (ich liebe diese bizarre, skurrile Serie, die er auch mitproduzierte und gestaltete), seine Karriere begann als „Danger Man“. Er liebte den Western, deshalb nimmt es nicht Wunder, dass er bei einem Terence Hill „Nobody“-Nachfolger mitspielte. Er führte bei einigen „Columbo“-Folgen Regie und spielte auch mal „historisch“, als Richard Longshanks in „Braveheart“.

Ricardo Montalban verstarb friedlich mit 88 Jahren in LA. Romantische Seelen erinnern sich vor allem an seine Rolle als Wünscheerfüller in „Fantasy-Island“, SF-Fans aber sehen ihn immer noch als den perfekten, charismatischen und hochintelligenten Antagonisten Khan aus Star Trek II, wo an eine Serienepisode angeknüpft wurde und eines der spannendsten Duelle der Filmgeschichte stattfand.

An beide Schauspieler erinnere ich mich sehr gerne. ST II und Prisoner befinden sich natürlich auch in meiner Sammlung …

Paul Newman

Einer meiner Lieblingsschauspieler seit meiner Kindheit, Paul Newman, ist im Alter von 83 Jahren an Lungenkrebs gestorben. Mit Charisma, Charakter und gutem Aussehen präsentierte er sich in seinen Filmen; Skandale hatte er nicht nötig, um im Gespräch zu bleiben, dafür sorgten vor allem seine unglaublich blauen Augen. Zu meinen Lieblingsfilmen zählen „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ (mit einer meiner Lieblingsschauspielerinnen, Liz Taylor), „Der Clou“ und natürlich „Butch Cassidy and the Sundance Kid“. Natürlich ist „Der Eiserne Vorhang“ einer seiner berühmtesten Filme, der seinen Ruhm mitbegründete. Zuletzt noch eine herausragende Darstellung war in „Road to Perdition“. Er war einer der ganz Großen, der unvergesslich bleiben wird.

The Hobbit von Peter Jackson

Hurra, endlich ist es offiziell: Peter Jackson und New Line Cinema haben sich dank der Vermittlung von MGM geeinigt und den Streit beendet. Damit steht einer Verfilmung von Tolkiens Hobbit in zwei Teilen nichts mehr im Wege! Jackson und seine Frau Fran Walsh werden allerdings als Executive Producers dabei sein (Hauptproduzenten sind MGM und New Line Cinema), wer die Regie übernehmen wird, ist noch nicht bekannt. Aber ich denke, da wird sich jetzt schon einer finden! Sicher hätte sich ohne Jackson niemand an das Erbe der Ring-Trilogie gewagt, was mit ein Grund sein mag, dass man zu einer Einigung gekommen ist. Ich freue mich jedenfalls, dass es ein gutes Ende genommen hat. Ein HobbitBlog gibt es auch schon, mit dem Dreh begonnen werden soll 2009, beide Teile wieder parallel gedreht, und gestartet schon 2010 und 2011.

Nachtrag vom Dezember 2008: Regisseur ist, das ist schon länger bekannt, Guillermo del Toro (Hellboy, Pans Labyrinth etc.). Das Drehbuch soll fast fertig sein, mit dem Drehen aber erst 2010 begonnen werden, veranschlagt wird ca. ein Jahr Drehzeit. Mit Schnitt und Nachbearbeitung darf man also mit mindestens einem weiteren halben Jahr rechnen – also wird es frühestens Weihnachten 2011 soweit sein, ich schätze aber eher später. Laut Regisseur del Toro sollen beide Teile die Romanhandlung beinhalten.