Schimmernder Dunst über Coby County (Leif Randt)

CobyCounty ist ein Ort, den es nicht gibt. Ein perfektes, idyllisches Utopia, wie es schöner nicht sein könnte. Alle Fenster gehen zum Meer hinaus, es ist immer schönes Wetter, es gibt keine kalten Winter. Erst mit 27 wird man hier erwachsen, auch wenn man vorher bereits in Lohn und Brot steht. Aber das ist eh kein großer Aufwand, da es keinen „Ernst des Lebens“ gibt. Schon von frühester Kindheit an werden Neigungen gefördert und viele Kurse angeboten. Das alles im gemeinschaftlichen Spiel, obwohl der Individualismus hoch gepriesen ist. Es gibt keine Armut und keine Krankheit und erst recht kein Verbrechen. (Und nicht mal einen einzigen Streit.) Abgesehen vom Touristengewerbe (Hotels, Gaststätten etc) übt man hier künstlerische Berufe aus. Die einen sind Schriftsteller, die anderen ihre Agenten (dito Film). Dazwischen gibt es nicht so viel, noch ein paar Unternehmer im Baugewerbe und so. Es gibt zwar verschiedene Bezirke, wo es Superreiche und weniger Reiche gibt, aber wohlhabend ist jeder. Wer keinen Bock auf Arbeit hat, macht nichts, er hat in jedem Fall sein Auskommen. Ob man nun halb- oder ganztags arbeitet, interessiert niemanden. Und wenn der Frühling kommt, was Party, Saufen und Vögeln ohne Ende bedeutet (da kommen dann auch noch haufenweise attraktive Touristen), arbeitet mit Ausnahme des Gaststättengewerbes überhaupt niemand mehr.
Es gibt zwar einen Bürgermeister, aber was genau der macht, weiß man nicht, und wie sich die ganze Chose am Leben erhält (es ist ganz klar, dass Pharma- und andere Firmen alles im Griff haben), auch nicht. Und wieso nicht die ganze Welt hier leben will, erst recht nicht. Wieso manche Einheimische CobyCounty irgendwann dick haben und „verreisen“, ist klar, denen ist langweilig und sie suchen nach einem Sinn in ihrem perfekten Leben. So macht es auch Wesley, der beste Freund des Ich-Erzählers Wim. Doch als Wesley plötzlich die Stadt verlässt, droht CobyCounty sich für immer zu verändern. Naja, irgendwie muss man ja ein bissl Spannung in den Klappentext reinbringen. Nur dass das halt überhaupt nicht geschieht.
Die Geschichte klingt wie Science Fiction, doch die SF beschränkt sich auf das idyllische CobyCounty, und Geschichte gibt es gar keine. Ähnlich wie Bateman in American Psycho erzählt Wim sein tägliches langweiliges Leben, vom Aufstehen und den Klamotten angefangen. Selbstverständlich gibt es sonst keine weiteren Parallelen (und das ist gut so), doch die Erzählweise und Struktur an sich ähneln sich bei beiden Büchern frappant. (Wobei Ellis eindeutig der bessere Erzähler ist.) Während Patrick Bateman ein gelangweilter Yuppie und Soziopath ist, ist Wim ein egozentrischer, selbstverliebter, melodramatischer Yuppie mit sozialen Defiziten. Er meidet jegliche Bindung, was bis zur Abneigung, seine Freundin außerhalb des Sex zu berühren, führt. Wim fühlt sich von allen verlassen, als Wesley eines Tages auf Selbstfindungstour geht und Wims Freundin Schluss macht, denkt aber nicht die Spur daran, sein eigenes Leben zu hinterfragen. Er reflektiert andere, ohne sie richtig wahrzunehmen und versinkt weiterhin im trägen Selbstmitleid. Ich hatte eine Weile angenommen, dass er hoffnungslos in Wesley verliebt ist, aber Fehlanzeige.
Auf den ersten 50 Seiten des 190-Seiten-Büchleins hatte ich gehofft, es würde irgendeine Pointe geben, nämlich dass alle Klone sind wie bei „die Insel“, oder dass sie sich in einer „Matrix“ befinden, irgendwas halt, was auflöst, wie dieses Utopia existieren kann. Fehlanzeige. Bis zum Schluss gibt es keinerlei Konflikte (außer den persönlichen kleinen emotionalen Begebenheiten von Wim). Es gibt halt ein Feuer, das wohl der neue Bürgermeister gelegt hat, um irgendwelche Neuerungen anzukündigen. Vermutlich wird damit das Ende von CobyCounty eingeläutet, aber das erfahren wir natürlich nicht mehr. Als würden wir einander im Eisenbahnabteil gegenüber sitzen und aus irgendwelchen Gründen eine einseitige Unterhaltung im Fluss bleiben muss, plaudert Wim ohne Punkt und Komma dahin, was ihm gerade in den Sinn kommt, ob das nun einen Zusammenhang hat oder nicht. Wesley ist schließlich wieder da, hat irgendwas gelernt, verrät aber nicht, was. Ein großer Sturm (nach dem Feuer) wird angekündigt und die Stadt evakuiert, doch der Sturm ist nur ein kleines Gewitter, und am Ende hat Wim eine neue Freundin und der Frühling ist da. Das war’s. Der Titel? Klingt einfach nur gut. Ist der Titel eines Films im Buch und hat keinerlei weitere Bedeutung.
Irgendwie hatte ich die ganze Zeit den Eindruck, dass es sich hier um die Exposition eines Buches handelt und die Geschichte anschließend dann mal losgeht. Aber ganz ehrlich, selbst „Concerning Hobbits“ beim Herrn der Ringe war noch bedeutend spannender und amüsanter.
Stilistisch ganz nett, aber noch nicht ausgegoren. Eine leicht gestelzte Umgangssprache, die nicht überdauern wird. Sorry, ich finde nicht, dass das eine literarische Entdeckung ist, das Buch ist für mich purer Manierismus (s.u.) mit irgendwas Bedeutungsschwangerem, dessen Sinn sich meinem schlichten Lesergemüt aber nicht erschließt. Und ganz ehrlich, bei einem bejubelten Literaten erwarte ich ein sorgfältigeres Lektorat! Bitte kein Denglisch wie „Sinn machen“ und „pitchen“, eine Verwechslung von „scheinbar“ und „anscheinend“ ist überhaupt nicht gut und dann auf der letzten Seite noch ein ganz schlimmes englisches Apostroph beim Genitiv … brrrrrrrrr. Da rollt sich mir alles auf. Ein „Mangelhaft“ an den Lektor/die Lektorin, der/die hier nicht aufgepasst hat.
Besonders manieristisch und im Lesefluss äußerst störend ist es, wörtliche Rede in Kursiv (und teilweise auch noch in unterteilte Absätze mit Leerzeilen) zu setzen, und umgekehrt, kursive Gedanken auch noch in Anführungszeichen zu setzen. So was geht einfach mal gar nicht und ergibt ein grässliches Satzbild.
Verständlich, dass das Feuilleton begeistert ist, denn ich bin es nicht.

Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry (Rachel Joyce)

Da sind wir also, in Südengland unten, in einem beschaulichen kleinen Örtchen, im Haus eines Rentnerpaares, das sich nichts mehr zu sagen hat. Harold Fry bekommt eine Karte aus einem Hospiz an der schottischen Grenze, 1000 Kilometer entfernt. Seine ehemalige Kollegin Queenie, von der er seit Jahrzehnten nichts mehr gehört hat, schreibt ihm, dass sie bald sterben wird. Und Harold setzt sich hin und schreibt eine artige Antwort. Damit geht er zum Briefkasten. Und dran vorbei und immer weiter, weil er feststellt, dass egal welche Antwort er schickt, sie schäbig ausfallen wird und nichts von den Schuldgefühlen abtragen kann, die seit langer Zeit auf ihm lasten.
Zu Beginn hat Harold noch den Plan, den Brief einzuwerfen, bis er die Entscheidung trifft: Queenie darf nicht sterben, nicht einfach so und jetzt. So lange er geht, wird sie leben, das wird Mantra und Dogma zugleich. Und das schreibt er ihr auch. Und wandert einfach weiter, ohne Handy, ohne Karte, ohne Plan und nur mit einem einfachen Paar Segelschuhe. Er ist völlig ungeübt und bekommt das bald zu spüren, doch er geht weiter. Er begegnet vielen Leuten unterwegs, und jedem gibt er etwas. Indem er zuhört. Regelmäßig meldet er sich bei seiner Frau, doch sie haben sich nichts zu sagen. Auch sie ist gequält von Wut und Schuld.
So reist auch sie auf ihre Weise, durch die Vergangenheit, und so nähern sie sich einander wieder an.
Ein zauberhafter, sehr britischer (und dadurch auch kritischer) Roman über Liebe und Verrat, Trauer, Schuld und vor allem Loyalität. Zwischendrin wird Harolds Reise zum Medienhype und von anderen für eigene Zwecke ausgenutzt, doch er selbst bleibt weiter auf seinem Weg. Er beginnt seine Reise, wie er sie beendet: Allein. Doch am Ende ist er um sehr vieles reicher. Nach und nach klären sich die dunklen Geheimnisse der Vergangenheit, und je heller es wird, desto besser kann er seine Frau wieder erkennen – und sie ihn.
Eine Geschichte, in der es „nur“ um das Menschliche geht. Wunderschön, anrührend, berührend, vor allem eindringlich in ihrer Schlichtheit und dabei sauspannend. Das ist richtige Schreibkunst, wo nicht die Geschichte, sondern das Erzählen dominiert.

Der Junge, der Träume schenkte (Luca Di Fulvio)

Ein dicker Oschi von knapp 780 Seiten, der es in sich hat. Wer „Once upon a time in America“ geliebt hat, wird von diesem Schinken aus den ersten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts begeistert sein. Eine blutjunge Süditalienerin flieht aus ihrem Land der Gewalt und Vergewaltigung – nur um in Amerika gleich nach der Ankunft auf Ellis Island in die Prostitution zu geraten. Ein Schicksal, das kaum überraschen mag, und das auch heute noch gang und gäbe ist. Cetta hat aber auch noch ihren kleinen Sohn Natale, der bald Christmas heißen wird, dabei – und sie hat Glück. Ihr Lude verliebt sich in sie, außerdem ist er ein Lude mit Herz. Cetta tut alles dazu, dass ihr Sohn ein „echter Amerikaner“ wird, und Natale wiederum ist voller Träume – und voller Geschichten. Zudem ist er mit einer besonderen Stimme gesegnet. So schlägt er sich mit Witz und Charme durch sein Ghetto, gewinnt die Herzen hartgesottener Gangsterbosse und nicht minder hartgesottener Männer, die sich gegen die Gangs auf ihre bescheidene Weise zur Wehr setzen. Natale findet bereits sehr jung die nicht minder sehr junge Liebe seines Lebens, der etwas Entsetzliches angetan wurde. Wir verfolgen die Lebenswege Natales, seiner Mutter, des jüdischen Mädchens Ruth, von Natales Freunden, aber auch den Weg der „Nemesis“ des jungen Paares, die sie zusammengeführt, aber auch wieder getrennt hat. Der Bogen zieht sich über zwanzig Jahre und zeigt (abgesehen von „Nemesis“) lebensfrohe, mit gesundem Menschenverstand ausgestattete Menschen, denen viel Leid widerfährt, die jedoch daran nicht zerbrechen – und bei allen erlittenen Traumata, die sie in Ketten der Wut und Trauer legen, immer noch in der Lage sind, anderen Glück zu schenken. Deswegen ist der deutsche Titel auch irreführend (ich habe mir unter dem Titel und dem Klappentext etwas völlig anderes vorgestellt), das Original, „Gang der Träume“, ist logischerweise zutreffender.
Hervorragend erzählt, ein echter Pageturner, wie ein Drehbuch aufgemacht. Ich denke ohnehin, dass der Autor eigentlich einen Film geschrieben hat, kein Buch, und das ist ihm sehr plastisch und authentisch gelungen, mit einer Menge Recherchearbeit.
Das Schöne an diesem Buch ist, dass nicht ständig, um Drama und Action hochzuhalten, das Allerschrecklichste passiert, sondern dass es Fröhlichkeit, Humor, Mut und Esprit gibt. Die Geschichte ist unglaublich positiv und Mut machend, ohne irgendetwas zu beschönigen oder gar zu verniedlichen, und bietet unerwartete Wendungen, insbesondere, wenn es zur Begegnung zwischen Opfer und Peiniger kommt. So geht es auch!
Einziges Manko – Fulvio hat leider vergessen zu erwähnen, was aus Ruths Eltern wurde. Nur eine Kleinigkeit am Rande, aber das hätte mich doch interessiert, weil eben selbst „kleine“ Nebendarsteller sehr intensiv geschildert werden.
So ein Buch habe ich mir schon lange mal wieder gewünscht und es daher auf einen Sitz verschlungen. Ich hoffe, dass es bald den Film dazu gibt.

Das Wörterbuch des Viktor Vau (Gerd Ruebenstrunk)

Das Buch ist zwar unter „Piper Fantasy“ erschienen, ist aber reinrassige Science Fiction, und zwar so, wie sie sein sollte. Wer wie ich Spin von Robert Charles Wilson geliebt hat, wird auch diesen Thriller zu schätzen wissen. Von dem sperrigen Titel darf man sich nicht abschrecken lassen, hier handelt es sich keineswegs um verstaubte Langatmigkeit, im Gegenteil. In diesem Buch geht es um die Universalsprache, um Zeitreisen, um ein Raumschiff mit einer bedeutenden Botschaft, und außerdem um einen Serienkiller. Die Welt, die uns beschrieben wird, ähnelt der unseren – und doch auch wieder nicht. Es ist eine künftige Welt, die ich auch als durchaus mögliche Zukunft prognostiziere und in diversen Varianten in Kurzgeschichten schon beschrieben habe, und die ihren Ausgangspunkt genau hier und jetzt in den >2010er Jahren nimmt. Ruebenstrunk teilt uns nicht mit, wann die Geschichte spielt, aber anhand eines Zugangscodes kann man von etwa 300 Jahren nach vorn ausgehen (wenn ich mich recht erinnere, ich hab es nicht notiert). Leben kann man zu dieser Zeit nicht schlecht, geschätzt auf dem Niveau von heute, doch es ist politisch die konsequente Fortsetzung der heutigen Scheindemokratie zur reinen Oligarchie, die weiterhin mit den Mitteln der Scheindemokratie arbeitet. Die einzelnen Staaten der EU gibt es nicht mehr, nur noch die Union, und ähnlich wie bei V for Vendetta oder auch 1984 teilen sich die Ministerien in hauptsächliche Überwachungsorgane auf.
Die Geschichte ist spannend aufgebaut, und nicht nur durch das Geheimnis der Universalsprache (übrigens kann ich mich hierzu an einen GEO-Artikel erinnern, den ich sogar noch irgendwo rumliegen haben müsste), sondern auch durch das Zeitreisespiel, was ich persönlich total liebe, diese Unmöglichkeit der Escher-Knoten und Paradoxa, die einen ganz wuschig machen – was leider für das Ende begrenzte Möglichkeiten bot und mir dann doch einiges an Spannung nahm. Es kam halt so wie erwartet. Ich hatte gehofft, es würde anders enden; meiner Ansicht nach hätte es da nämlich, ausgehend von einer aufgeführten Theorie, schon noch ein paar bessere Pointen gegeben. Das ist dann doch wieder Durchschnitt – ganz okay, aber wenig originell.
Was nicht hineinpasst ist die Geschichte des Serienmörders, auch wenn ein innerer Zusammenhang besteht. Doch die Auflösung hierzu ist schwach und aufgesetzt, das Motiv des Killers leider nicht glaubwürdig, weil nicht nachvollziehbar erklärt; kommt irgendwie als Klischee aus der Luft nach dem Motto „huch, das muss ich ja noch erklären …“. Wobei genau das eigentlich gar nicht von Relevanz war, sondern ein anderes, ganz wichtiges Detail, das der Autor schlicht vergessen hat aufzuklären, was mit seiner Bezeichnung „der Florist“ zusammenhängt. Zunächst einmal hat dieser zweite Handlungsstrang vielversprechend angefangen, doch wurde er dann in aller Hast zu Ende gebracht als aufgesetztes Spannungselement. Das hat leider nicht so funktioniert, wie es hätte können.
Was ich übrigens nicht verstanden hatte, waren die Präfixe über den Kapitelnummern. Ich habe versucht, daraus etwas zusammenzusetzen, ist nicht gelungen. Hat sicher mit der Universalsprache zu tun, aber der Sinn erschließt sich mir nicht und wird leider nicht etwa in einer Nachbemerkung des Autors erklärt. Schade.
Außerdem hätte ich gern ein bisschen mehr über die „neue Welt“ erfahren, das Ambiente bleibt recht blass. Hohe Wohntürme, Betonstädte, aber was ist da drumrum? Und die anderen Länder? Und wie leben denn so die normalen Leute? Mehr, mehr, mehr! So zwanzig Seiten dazu verteilt hätte die Geschichte noch gut verkraften können.
Trotzdem: Science Fiction aus Deutschland, ein Thriller noch dazu, richtig gut geschrieben, richtig spannend, mit vielen originellen Ideen und guten Recherchen. Mehr davon!

Reiselektüre

Ich habe ja nur sehr wenig Zeit zum Lesen, doch tatsächlich in den letzten Wochen nunmehr vier Bücher geschafft, zwei davon bedingt durch eine Erkältung. Zwei Titel stelle ich hier zusammengefasst wor, die anderen beiden Bücher einzeln.

Graham Greene, Die Reisen mit meiner Tante
Greene kann schön erzählen, keine Frage, ich habe ihn in den 70er Jahren sehr gern gelesen. Hier stellt er auf (echten) 356 Seiten ein vergnügliches, unterhaltsames Roadmovie vor, das zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, 1969, in jedem Fall innovativ und sprachlich „rotzfrech“ war. Aber genau wie beim „Fänger im Roggen“ hat sich das Buch selbst überlebt. Diese Geschichte amüsiert im Hinblick auf ihre heutzutage altbackene Harmlosigkeit. Der brave pensionierte Bankbeamte, dessen aufregendstes Erlebnis eine Neuzüchtung seiner Dahlien ist, und dessen ausgeflippte alte Tante ihn aus dieser englischen Vorgartenbescheidenheit reißt … ja, das ist schon nett, aber heutzutage ein alter Hut. Vor allem, weil die Geschichte völlig vorhersehbar ist und die Reisegeschichten relativ wenig Pfiff aufweisen. Sie sind brav. Eine witzige Idee ist, dass unser Held statt der Asche seiner Mutter eine Urne voll Dope bekommt, doch das ist schon das Kühnste und Aufregendste der ganzen Story. Die Dialoge sind teils sehr gelungen pointiert, teils hölzern. Das kann Greene sonst besser, wenn es um ernste Texte geht. Es liest sich gut und schnell und macht Spaß, aber nur in nostalgischer Hinsicht. Trotzdem freut es mich, dass auch solche Literatur heutzutage noch zu finden ist.
Die Taschenbuchausgabe von DTV wurde aktuell neu herausgegeben – leider ohne Korrektorat. So muss man sich durch die mittlerweile ungewohnte alte Rechtschreibung quälen und ärgert sich über eine Menge mitgeschleppter Druckfehler, die bei einer Neuausgabe zu vermeiden gewesen wären.

Tommy Jaud, Hummeldumm
Noch ein humorvolles Roadmovie, und diesmal modern. Jaud berichtet über seine Afrikareise in fiktiver Abhandlung, doch wer schon mit Reisegruppen unterwegs war weiß, dass er vermutlich nicht viel dazu erfinden oder ändern musste. Das Originelle daran ist, dass der Ich-Erzähler sich im denkbar schlechtesten Bild präsentiert. Er ist übellaunig, ewig nörgelnd, nur auf sich konzentriert, und will partout nicht, dass ihm etwas gefällt. Dadurch gerät er in glaubwürdige skurrile Situationen, die er alle selbst verschuldet, aber jedes Mal das Glück hat, mit heiler Haut davonzukommen. Chapeau vor seiner Freundin, die diesen Miesepeter erträgt. Die relativ kurze Geschichte ist in diesem wirklich hässlich aufgemachten Buch (keine Zierde fürs Regal, lieber zum eBook greifen) technisch auf 300 Seiten aufgeblasen worden, mit vielen Vakat-Seiten und großem Durchschuss, dazu viel Platz im (unschönen) Satzspiegel; gehen wir also großzügig davon aus, dass es ca. 200 echte Seiten sind. Macht ja nichts, lieber so, als dass die Geschichte unnötig aufgeblasen wird – abgesehen davon, dass man dadurch erheblich mehr Geld hinblättern muss. Ich nörgle sonst nie am Buchpreis, bin schließlich selbst Verlegerin, aber das hier ist nomen est omen des Scherz Verlags.
Das Tempo ist enorm, es geht flott voran; so sehr, dass ich mir tatsächlich zwischendrin ein kleines Innehalten gewünscht hätte. Beispielsweise um ein bissl mehr über das von ihm bereiste Afrika zu erfahren. Es sind zwei oder drei sprachliche Highlights zu finden, ansonsten ist der Stil ziemlich schlicht bzw. zu umgangssprachlich (das fängt schon mit dem albernen „Das Roman“ auf dem Cover an, was ich niemals hätte durchgehen lassen), was bei mir einen insgesamt recht oberflächlichen Eindruck der inhaltlich ohnehin schlichten Geschichte erweckt. Mehr charakterliche Tiefe hätte nicht geschadet, die fehlt mir hier, trotz der Szene „verlassen in der Wüste“, die zu den Besten des Buches gehört, aber nicht ausreicht. Fürs TV gut geeignet (da würde es sicher gute Lacher geben), ist es mir persönlich als Literatur doch zu anspruchslos und nur als seichte Urlaubslektüre zwischendurch geeignet. Kann bei weitem nicht an das überaus gelungene Maria, ihm schmeckt’s nicht von Jan Weiler heranreichen. Nicht so sehr mein Fall, mein Gehirn war unterfüttert und hat danach umgehend nach „mehr“ verlangt.

Mein Freund Dahmer (Derf Backderf)

Manche Geschichten muss man in Bildern erzählen, weil man nicht genug Worte für sie findet.
Daraus entsteht dann eine so genannte Graphic Novel (in Deutschland leider viel zu wenig beachtet und oft herablassend als „Nicht-Literatur“ abgetan), die solche herausragenden Titel wie „Maus“ von Art Spiegelman (mit dem Pulitzer ausgezeichnet) oder auch „Persepolis“ von Marjane Satrapi hervorbringt.
Der graphische Stil, so unterschiedlich er auch sein mag, hat unwillkürlich eines gemeinsam bei diesen Geschichten: Er ist minimalistisch ausgeführt, in scharfen Schwarz-Weiß-Konturen, hart und schnörkellos. Nicht unbedingt „schön“. Aber „schön“ sind diese Geschichten ja auch nicht, sondern sehr bewegend. Auch hier ist der Stil passend. Diese Graphik will nicht „gefallen“, sie ist ein Ausdruck und Transportmittel dessen, was den Erzähler bewegt. Was aus ihm herauskommt, ein Stück Ureigenes.

Ausgerechnet „Kaltblütig“ will ich hier zum Vergleich heranziehen, weil eine eindeutige Parallele besteht.
Wir erfahren hier die Vorgeschichte über Jeffrey Dahmer, einen grausamen Serienmörder in den USA, der zwischen 1978 und 1991 mindestens 17 Männer und Jugendliche umbrachte.
Genauso wie Truman Capote auch hat Derf Backderf 20 Jahre lang recherchiert, Interviews geführt, Archive gestöbert. Genau wie Capote auch erzählt Backderf die Geschichte nüchtern und distanziert als dokumentarischen Tatsachenbericht. Allerdings in diesem Fall NICHT die Geschichte der Taten, sondern das DAVOR, das einen kleinen Einblick in das geben mag, was später aus Dahmer wurde.
Aus diesem Grund trifft auch der zunächst irritierende Buchtitel genau zu. Das war für mich zunächst eine Abschreckung, aber wie es so ist, man muss sich eben darauf einlassen, und dann öffnet sich der Verständnishorizont. Und nein, das Buch könnte nicht anders heißen.
Genau wie Capote auch ging diese Geschichte Backderf an die Substanz. Capote, weil er zu tief in die Abgründe hinabgetaucht war und die emotionale Distanz nicht mehr schaffen konnte. Backderf, weil er mitten darin war. Weil er ein Teil der Geschichte ist und sich lebenslang mit der Frage quälen muss, ob er nicht etwas hätte tun/verhindern können/müssen. Weil er erfahren hat, dass der – zugegeben etwas seltsame – Junge, mit dem er in die Schule gegangen ist, neben dem er gesessen und mit ihm Blödsinn veranstaltet hat, ein grausamer Mörder ist. Und nun damit fertig werden muss.

Backderf beschreibt aber auch die Jugend der 70er, wie sie ganz typisch verlief. (Übrigens auch die meine, und ja, auch bei uns gab es Freaks, und ja, ich bin froh, dass ich nie erfahren habe, was aus ihnen wurde.) Er erzählt uns also von den Freaks, die es gab – und Dahmer war beileibe nicht der Einzige – und wie man mit ihnen umgegangen ist. Die laut waren, erhielten Verweise und Bestrafungen, die leise waren, wurden „übersehen“. Man könnte auch sagen: ignoriert. „Macht keinen offensichtlichen Ärger“, also ein Problem weniger, um das man sich kümmern muss. Wie tragisch falsch diese Einstellung ist, wissen wir alle. Vielleicht können Bücher wie diese uns dazu verhelfen, daraus einmal zu lernen … aber zumindest sollten sie uns aufrütteln.
Backderf prangert – zu Recht, und heute aktueller denn je – an, dass NIEMAND etwas dagegen tut. Dass nichts unternommen wird, solange nicht das Drastische geschieht. Genau so ist es überall auf der Welt, auch bei uns in Deutschland und dem sonstigen Europa. Die Massenmörder, die Massaker in den Schulen anrichten, tun das nicht aus einer Kurzschlusshandlung heraus, dem geht immer ein langer Prozess voraus, den niemand wahrhaben will, weil niemand sich verantwortlich fühlt. Genauso betrifft das auch die Gewalt in der Familie, die bis zur Gefangenschaft und Sklavenhalterei führt.

Eine wichtige Lehre müssen wir daher aus Geschichten wie diesen ziehen: Wir müssen wieder mehr Fürsorglichkeit füreinander aufbringen. Ob es gelingt? Vielleicht, eines Tages, wenn viele von uns diese Berichte verinnerlicht haben, und nicht einfach nur konsumiert.

Backderf berichtet die Geschichte nicht nur in oben beschriebener Bebilderung, sondern auch in einer Menge Begleittext, der fast die Hälfte des Buches ausmacht. Hier zwei Zitate, um zu verdeutlichen, worum es geht:

Für die Öffentlichkeit war Dahmer ein perverses Monster. Für mich war er ein Junge, der im Klassenzimmer neben mir gesessen und mit mir im Musikzimmer abgehangen hatte. Ein Außenstehender kann sich nicht vorstellen, wie das war, als die Nachrichten über Dahmer über mich hereinstürzten, oder wie es sich immer noch anfühlt, wenn ich an unsere Freundschaft denke. (…)
Ich glaube, dass Dahmer nicht als Monster hätte enden müssen, (…) wenn die Erwachsenen in Dahmers Leben nicht so unerklärlich, unverzeihlich, unverständlich ahnungslos und/oder gleichgültig gewesen wären. Ich kann dabei nicht genug betonen, dass mein Mitgefühl für Dahmer an dem Punkt endet, wo er zu töten begann. (…) entschied er sich, und nur er allein, Serienmörder zu werden und Leid über unzählige Menschen zu bringen. Es gibt eine verblüffend große Menge Menschen, die in Dahmer einen Antihelden sehen, ein verstoßenes Kind, das der Gesellschaft ihre Ablehnung heimzahlte. Das ist Unfug. Dahmer war ein kranker Bastard, dessen Verkommenheit nahezu jenseits allen Verständnisses liegt.

Backderf prangert aber nicht nur das Wegschauen und die Untätigkeit der Erwachsenen an, sondern auch die heutige Popkultur, die aus solchen verabscheuungswürdigen Menschen Ikonen machen.
Wobei ich das wegen der „Faszination des Bösen“ sogar bis zu einem gewissen Grad verstehen kann, denn der Voyeurismus liegt nun einmal in uns allen, und so ein „Spiel“ löst ein gruslig-wohliges Kribbeln in uns aus. Dennoch dürfen wir dabei nicht vergessen, was genau diese Typen wie Hannibal Lecter treiben, auch wenn sie fiktive Figuren sind. Es gibt genügend, die noch viel Schauerlicheres in der Realität tun.

Dieses Buch jedenfalls ist wichtig, es ist ein historisches Zeitzeugnis aus der Sicht eines Augenzeugen, und es bekommt in meiner Bibliothek seinen Platz gleich neben „Kaltblütig“, dem es in nichts nachsteht. „Mein Freund Dahmer“ wäre für mich eine wichtige Schullektüre, denn es ist kurz, knapp, prägnant und bietet sehr viel Background an Diskussionen, Anregungen und Auseinandersetzung. Gerade für die Jugendlichen.

Das Schlusswort überlasse ich Lutz Göllner (zitty), der das Nachwort für die deutsche Ausgabe verfasst hat: Eines sollte klar sein: Serienmörder sind eben meist keine hochintelligenten Supermänner wie Dr. Lecter oder Dexter. Meist sind sie inzestuöse, triebgesteuerte Knalldeppen mit einem Intelligenzquotienten, der sich knapp über Raumtemperatur bewegt.

Joseph Anton (Salman Rushdie)

So, ich habe sie durch, die 700 Seiten-Autobiographie.
Und es ist schwierig, etwas darüber zu sagen. Von Anfang bis Ende hindurch war ich irritiert, dass Rushdie von sich selbst in der dritten Person schreibt. Dadurch entsteht eine Distanz, die für eine Autobiographie ungewöhnlich ist und ein zwiespältiges Gefühl hinterlässt.
Warum man dieses Buch liest? Weil man wissen möchte, wie sich jemand fühlt, über den eine Fatwa verhängt wird, und der von nun an unter strengster Bewachung leben muss. Rushdie erzählt viel, und er ist nun einmal ein guter, ja hervorragender Erzähler, was die 700 Seiten bewältigen lässt. Aber haben wir ihn auch zumindest ein wenig kennengelernt? Irgendwie nicht. Ich habe in meinem Leben schon ein paar Schriftsteller getroffen, auch welche auf der Bestsellerliste. Bei allen hatte ich den Eindruck, sie seien „ganz normale“ Menschen. Außergewöhnlich durch ihre künstlerische Begabung natürlich, und außergewöhnlich manchmal auch durch ein bewegtes Leben. Ein bisschen „verrückt“, gewiss.
Aber Rushdie bewegt sich in Gefilden, die unerreichbar sind für mich. Und so legt er es auch dar. Ich bitte das nicht mit Arroganz zu verwechseln, sondern ich spreche damit die Distanz an, die es schwierig macht, Bedauern zu empfinden trotz des Leids, das er durchgemacht hat. Rushdie gestattet nur einen sehr kleinen Einblick in sein Leben. Am undistanziertesten ist er dann, wenn er von seinen Eltern berichtet; obwohl, eigentlich nur von seinem Vater. Selbst seine Geschwister kommen kaum zum Zuge. Überhaupt sind alle Personen in seinem Umfeld irgendwie … Staffage, die sogar nur sehr selten ein Stichwort erhalten. Rushdie erzählt vom Leben eines Mannes in der dritten Person, er beschreibt seine Beziehungen, seine Gefühle – aber alles nur am Rande, in Nebensätzen. Er tobt sich mehr mit seinem phänomenalen, durch ein wohl penibel geführtes Tagebuch unterstütztes Gedächtnis aus durch Preisgabe von Begegnungen mit Personen, oder seiner Literaturkenntnis. Aber das liest sich mehr wie ein Geschichtsbuch in der Schule, nüchtern und ohne Hintergrund.
Rushdie führt einen erbitterten und tragischen Kampf um sein Selbstbestimmungsrecht. Doch mit wem genau kämpft er? Wen hat er an seiner Seite? Ich lese immer nur Namen. Es findet so gut wie keine unmittelbare Kommunikation statt, alle Personen einschließlich des Erzählers bleiben für mich unbestimmbare, ungreifbare Schattenrisse. Er erzählt, aber er zeigt nicht. Er lässt keinen Zugang zu. Zu keinem Zeitpunkt habe ich mich an seiner Seite gefühlt, sondern es kam mir eher so vor, als würde ich vor einem Guckloch sitzen, an dem Scherenschnitte vorbeiziehen. Vermisst habe ich beispielsweise auch etwas, zu dem ich selbst einen Bezug gehabt hätte (mal abgesehen davon, dass ich seine Werke lese), wie etwa in Norwegen das gemeinsame Symposium mit einem weiteren Verfolgten, Roberto Saviano, wo beide über ihr Leben als „Gefangene“ redeten – in dem damaligen Artikel war mehr Rushdie zu finden als hier. Doch er erwähnt diese Begegnung gar nicht. Warum eigentlich nicht, gerade weil sie doch beide Getriebene waren bzw. noch sind? Mich hätte interessiert, wie er sich in dem Moment gefühlt hat, einem „Leidensgenossen“ zu begegnen.
Ist Rushdie nun sympathisch oder nicht? Ich weiß es nicht. Der Schriftsteller ist für mich genauso fremd und unbekannt geblieben, wie er es vor der Lektüre gewesen ist. Ich hatte keinen Anteil an seinem Leben. Vielleicht wäre es besser gewesen, er hätte das Schreiben der Biographie einem anderen überlassen. (Wie es Capote getan hat, und woraus die grandioseste und voluminöseste Biographie aller Zeiten wurde – auch wenn der arme Biograph hinterher ein seelisches Wrack war.) Gewiss macht Rushdie deutlich, dass seine Geschichte „aus ihm raus musste“, doch hat er sie nicht weitergeben wollen, sondern den Deckel nur ganz leicht angehoben und präsentiert nicht mehr als einen winzigen Ausschnitt seines tatsächlichen Lebens. Wer ist Rushdie, wer war Joseph Anton? Ich weiß es nicht. Dafür sind 700 Seiten an sich zu viel.

 

Er ist wieder da (Timur Vermes)

Nein, ich will das nicht. Diese Hitlermania regt mich auf. Ich finde nicht, dass ein solches Ungeheuer so viel Aufmerksamkeit verdient hat und zum Popstar generieren sollte.
… und dann habe ich es doch getan. Denn dieses Cover an sich ist schon in seiner Schlichtheit so anziehend genial, dass man einfach hingucken muss. Der akkurat geschwungene Scheitel und das Bärtchen, das zusammen bildet den Grundstein einer perfekten Karikatur, die tatsächlich auf wenige Striche reduziert werden kann. Jeder weiß sofort, wer gemeint ist, es kann nur einen geben, unverwechselbar. Den Buchtitel auf die Form des Bärtchens zu schneiden, ja, da passt einfach schon mal alles. Dieses Cover ist der große Wurf!
Und dann geht es los mit dem Text, und schon die ersten drei Seiten sind zum Brüllen komisch. Hitler und wie er Deutschland sieht; es ist schon ein bissl kühn, ausgerechnet ihn als Ich-Erzähler zu nehmen, aber es funktioniert. Und wie! Es ist nachvollziehbar, es ist glaubhaft, es ist komisch – und es ist tragisch. Am besten gefällt mir, wie er zum ersten Mal fernsieht, da habe ich mich bald weggeschmissen. Danach dann, ja, bleibt einem immer mal das Lachen im Halse stecken. Und zwar immer mehr, je weiter die Geschichte voranschreitet (besonders krass ist die Szene mit der Oma seiner Sekretärin – da wurde mir ganz anders) und sich schließlich dem Ende mit einem erschreckenden letzten Absatz nähert – der an sich positiv stimmen könnte, wenn … tja, mit ihm kann es eben kein Happyend geben. Selbst wenn es hier vorgeführt wird. Da hatte ich dann doch einen Kloß im Hals.
Vermes gelingt es tatsächlich, Hitler trotz der Ich-Erzählung niemals als „guten Menschen“ darzustellen. Zu keinem Moment vergisst man, wen man da vor sich hat. Vor allem entwickelt Adolf sich nicht weiter oder ändert sich gar, weil er durch das heutige Leben kontaminiert wird, sondern er erkennt mit scharfem Blick jeden noch so kleinen Missstand und legt den Daumen drauf. Er hat recht mit seiner schonungslosen Kritik, und er hat nichts an Bösartigkeit und Kompromisslosigkeit, vor allem Strebsamkeit verloren, wie er seine Ziele verfolgen will. So humorvoll es geschrieben sein mag, so grandios der Querzug durch die deutschen Parteien gelungen ist (allein schon wie er die NPD aufsucht und fertig macht in ihrem kleinen Haus) … das Lachen will nicht mehr recht gelingen – denn es ist gar nicht lustig: wegen der Reaktion der Umwelt auf ihn. Weil er die Wahrheit treffend sagt, gelingt ihm ein neuer Aufstieg, und dazu braucht er die Politik vorerst gar nicht. Er kann auch anders Einfluss nehmen. Und ihm wird alles gewährt, weil man sich weigert, ihn ernst zu nehmen.
Und das ist dumm, denn das war schließlich schon einmal der Fall gewesen.
Es spielt schließlich keine Rolle, ob der Mann nun tatsächlich durch einen Zeitsprung in der heutigen Gegenwart gelandet ist oder sich nur für Hitler hält und das zu 100% durchzieht. Seine Ansichten und Einsichten sind es, die man ernst nehmen muss, die kein Spaß sind.

Timur Vermes führt vor, wie einfältig die Menschen sind, und dass sie nichts gelernt haben. Im Gegenteil.

Das Buch läuft ab wie ein Film, durch diese großartige, ausgefeilte und anspruchsvolle Sprache, die niemals übertreibt und gut lesbar und flüssig bleibt, ohne jemals den hochintellektuellen Zeigefinger zu erheben. Ein Kunstwerk als Pageturner, inhaltlich nach der letzten Seite allerdings schwer verdaulich und (hoffentlich) zum Nachdenken anregend. Es sollte etwas hängen bleiben. Es muss ernst genommen werden.

Zusammen mit dem „Hundertjährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ mein absolutes Buch-Highlight des (nunmehr vergangenen) Jahres 2012.

Und Gott sprach: Wir müssen reden (Hans Rath)

Nach dem schwer verdaulichen Rowling-Ziegelstein musste ich mir etwas Vergnügliches gönnen. Und das hat ausgezeichnet hingehauen. Das Büchlein ist frisch erschienen und schon Bestseller, kein Wunder. Nach einem allerdings ziemlich zähen Einstieg mit der arg überstrapazierten „Exfrau-Mutter-erfolgreicher Bruder-Konstellation“ kommt die Geschichte schlagartig in Schwung und Fahrt mit viel Humor, Pointen, Ironie und auch Sarkasmus. Gott und wie er die Welt sah, mit Ausflügen u.a. nach Bayern zu Maria und Josef, die einen Sohn namens Christian haben, der aber das Zeugungsprodukt von Abel Baumann ist, der behauptet, Gott zu sein und deshalb einen Therapeuten sucht, der unser Ich-Erzähler ist, und der gerade selbst einen Therapeuten brauchen könnte. So schließt man nach und nach Freundschaft und hilft sich gegenseitig – und anderen. Der Text liest sich schnell und leicht, auf erfreulich moderater Seitenzahl. Ein vergnügliches, spritziges, intelligentes Weihnachts-Roadmovie mit bittersüßen Elementen. Ein tolles (vor allem genau passendes) Weihnachtsgeschenk an sich selbst und andere.

Ein plötzlicher Todesfall (J.K. Rowling)

Vorab gesagt: Ich habe mir das Buch nur gekauft, weil ich „es wissen will“. Allein der – dürftigen – Inhaltsangabe wegen hätte ich keinesfalls zugegriffen. (Dass die Inhaltsangabe nicht anders ausfallen kann, wird einem bald klar.) Und bei jedem anderen Autor hätte ich – bei diesen Zeilen auf S. 120 angelangt – auch längst das Handtuch geworfen. Aber ich habe mir zum Ziel gemacht, mich damit bis zum (bitteren?) Ende auseinanderzusetzen.
Noch etwas zur Buchausgabe: Fast 600 Seiten dickes Hardcover und kein Lesebändchen? Geht gar nicht.

Die Exposition geschieht auf den ersten drei Seiten. Ein Paar will seinen Hochzeitstag feiern, und der Mann, ein angesehenes Gemeindemitglied, fällt tot um. Der Plot: Welche Auswirkungen hat der Tod eines Einzelnen auf die Gesellschaft und Gemeinschaft im Allgemeinen und die Personen im Einzelnen sowie deren Beziehungen? Dies soll in einer Sozial- und Milieustudie geschildert werden. Dabei müssen auch politische Kriterien berücksichtigt werden.
So lautet die Aufgabenstellung.

Warum wir das Buch trotzdem nicht lesen müssen: Rowling erzählt uns nichts, was wir nicht schon bis ins Detail wissen. Sie beschreibt westliche Kulturauswüchse. Die angeprangerten Kriterien finden sich genau so überall in Deutschland. Und auch sonst in der westlichen Welt.

Und so werden auf den folgenden 120 Seiten nacheinander viele Personen vorgestellt und deren Verflechtungen. Handlungsschauplatz ist eine fiktive, idyllische kleine Gemeinde neben einer Stadt, mit der sie in Rivalität und im ewigen Unabhängigkeitskampf verbunden ist. Zwischen beiden Örtlichkeiten gibt es – Dorn im Auge der Idylle – ein Unterprivilegiertenghetto, das wie alle Ghettos aller Städte geschildert wird. In geraden Linien werden diverse Privilegierte und Unterprivilegierte vorgestellt, dazu pubertierende Teens beider Schichten, die anfangen, sich für Sex zu interessieren. Oder ihn schon kennen, weil sie unterprivilegiert sind und ihnen ohnehin nichts mehr neu ist in einer dreckigen Welt, in der sie schon frühzeitig Verantwortung übernehmen müssen. Neben dem Sexwunsch hassen Söhne ihre Väter oder rebellieren aus anderen Gründen, oder sie mobben Mitschüler, Töchter müssen zu früh zu viel Verantwortung übernehmen und werden deswegen zu Soziopathen; die Mütter sind erwartungsgemäß überfordert und nicht in der Lage, den Mann im Zaum zu halten, oder sie ignorieren schlichtweg die Realität und spielen ihren Männern unfairerweise etwas vor, oder sie sind Junkies, denen eh nicht mehr zu helfen ist; und dass die Eltern sowieso ihre Kinder verabscheuen, ist dann nur noch logisch. Diese Jugendlichenprobleme hätten ein Buch für sich ergeben, hier zerfasern sie leider die Geschichte und blasen klischeeüberfrachtet, störend und vor allem unnötig den dünnen Faden auf, ohne ihn wirklich zu füllen. (Nachtrag: An dieser Stelle hatte ich es noch nicht kapiert. Aber später.)

Ab Seite 100 werden dann die Verbindungen der geraden Linien untereinander geschaffen – die vor kurzem erst aus Liebe zugezogene Sozialarbeiterin als Bindeglied zwischen den Unterprivilegierten und den Privilegierten, ihr Freund ist der Geschäftspartner eines wichtigen Gemeindemitglieds, und die haben wiederum den Nachwuchs, der interagiert. Eingebettet in bis ins kleinste Detail ausgeführte und daher immer langatmiger werdende Beschreibungen von Straßen, Häusern und Räumen treffen sich die Personen zum Essen oder zum Einkaufen und parlieren über den plötzlichen Tod oder zeigen sich boshaft ungeliebten Schwiegertöchtern o.a. gegenüber. Gleichzeitig erfahren wir über eheliche Beziehungen, wie es „hinter der Fassade“ aussieht.

Erstes Fazit, was sich bis zum Ende bestätigt:
Die Dialoge sind weder pointiert, noch geschieht irgendeine Handlung, alle Personen reflektieren lediglich den Tod des netten Kerls. Um Sympathieträger will ich gar nicht erst ringen. Aber es gibt bisher einfach keine einzige Bezugsperson. Der Leser bleibt trotz aller Beschreibungen und innerer Monologe fein draußen aus der Geschichte und darf lediglich den Fenstergucker spielen.

Ungeliebt und unglücklich sind sie jedenfalls alle, Jugendliche wie Erwachsene, und machen sich permanent gegenseitig das Leben zur Hölle. Das Krasseste ist, dass in beiden Ortschaften, Pagford wie Fields (also mehr als ein paar Dutzend Leute), nicht ein einziger Mensch existiert, der zu einem anderen hält. Selbst die Geschwister hassen oder ignorieren einander, obwohl zB gerade bei einem gewalttätigen Vater Solidarität entstehen sollte. Und normalerweise auch entsteht. Ganz schlimm ist das vermittelte Frauenbild. Sie sind entweder blökend, Furien oder boshaft. Herunterreduziert auf ein bösartiges Klischee, was insofern unverzeihlich ist, weil dieses Klischee nicht von einem Charakter, sondern von der Autorin selbst bedient wird, was ich von einer Autorin in dem Alter und bei dem Thema nicht erwarten will. Mag ja sein, dass sie vielleicht solche Frauen getroffen hat – aber es sind nicht alle so! Aber die Frauen wie auch alle übrigen geschilderten Personen (und das sind ja sehr viele, um die 20 oder mehr) dienen hier als Stereotypen für alle Einwohner, sie sind dazu absolut einsam und leben nur in ihrer eigenen Welt. Abgesehen davon, dass sie sich selbst nicht leiden können. Sie denken niemals an andere, sie mögen niemanden, sie halten zu niemandem. Das hat nicht nur surrealen Charakter, sondern gerät durch den überspannten Bogen schon in Schieflage zum Slapstick hin, obwohl das Buch jeglichen Humor vermissen lässt. Und das ist das Eigentliche, was das Buch so unlesbar macht.

Ab Seite 120 dann endlich kommt ein wenig Fahrt in die Geschichte: Der wichtigste Gemeinderat möchte die Vakanz kontrollieren, aber es gibt zwei bis drei Anwärter, die Neuwahlen herbeiführen möchten, um sich zu bewerben. Die Jugendlichenszenen überfliege ich inzwischen, ich möchte bitte endlich mal zum Kern der Geschichte vordringen und in Fluss kommen. Die Kids sind eine immer unnötigere Parallelhandlung, die nur durch die Verwandtschaftlichkeit einen Bezug zur Haupthandlung hat. (Später angefügte Notiz, kurz vor S. 400: Ach so. Es gibt gar keine Haupthandlung …)

Bis Seite 200 haben wir dann mal den Tag der Beerdigung erreicht (das mit der „Fahrt aufnehmen“ hat sich nach drei Seiten wieder erschöpft). Nach wie vor besteht der Inhalt nur aus Charakterisierungen von zahlreichen Personen. Die Charakterisierungen für sich mögen ja nicht schlecht sein, aber in diesem ganzen Ort gibt es einfach überhaupt niemanden, ob Jugendlicher oder Erwachsener, der „normal“ ist, oder der auch nur irgendetwas Positives aufzuweisen hat, vielleicht auch mal positiv denkt, sich positiv verhält. Der einzige scheinbar supernette und normale Kerl ist der Tote. Durch die ständigen Sprünge von einer Person zur nächsten, noch innerhalb einer Szene, ist das überdramatisierend und ermüdend. Muss man denn wirklich alles an menschlichen Problemen in ein einziges Buch reinpacken? Nach wie vor wird keine Geschichte erzählt, sondern alles wird nur in reflektierenden inneren Monologen dargestellt. Noch rund 400 Seiten vor mir. Ich hab Angst davor.

S. 200-300: Und es geht weiter mit faden und öden Begegnungen (einkaufen und essen) boshafter, trauriger, unglücklicher, frustrierter, wütender Erwachsener, deren pauschale Ansichten nun schon zum x-tenmal bis ins Detail ausgeführt werden. Einzig die Familie des Toten bleibt weiterhin außen vor und gesichtslos. So hatten wir das auch schon bei Harry Potter, die Erwachsenen außerhalb der Schule waren gesichtslos oder verblödeten einem unter der Hand, und diese hier verhalten sich immer mehr wie Pappkameraden in einer Telenovela. Der Wendepunkt zu vorher (beim Lesen, nicht Plot Point): Tatsächlich dynamischer und interessanter sind jetzt die Jugendgeschichten. Rowling kann sich eindeutig besser in Jugendliche versetzen als in Erwachsene, hier zeigt sich ihr Erzähltalent. Vielleicht hätte sie dabei bleiben sollen, es wäre ja trotzdem ein Buch für Erwachsene geworden.
Zum ersten Mal seit Beginn tut sich auch in der Handlung was: „Der Geist von Barry Fairbrother“ (welch subtil gewählter Name) „spricht“. Da wir aber den Hergang erfahren, wie das geschieht, ist umgehend der Reiz verloren. Gelegenheit für ein Geheimnis – leider ein Rohrkrepierer. Wie kann man das bisher einzige Potenzial, das endlich mal ein bisschen Spannung hervorgebracht hätte, so verschenken???? Ach ja, und außerdem stellt sich heraus, dass Barry ein toller Kerl war, aber ein nachlässiger Ehemann und Vater. Gäääähn … Alle Charaktere erfüllen ein Klischee, bis noch zum Letzten. Und alle sind mir einfach in ihrem Schicksal schnurzpiepe, weil niemand auch nur ansatzweise den Eindruck erweckt, man möchte ihn kennenlernen und sich mit ihm unterhalten oder gar Bier oder Kaffee trinken.
Bisher wird alles sowas von drei- bis siebenmal vorgekaut, selber denken unerwünscht. Ich frage mich immer noch, wo das hinführen soll …

S. 300-400: Auf diesen Seiten eskaliert die Gewalt (die Folgen des unseligen Blog-Eintrags mit dem „Geist“, dazu eine weitere völlig unnötige Nebenhandlung), die physische mehr als die psychische. Dabei bleibt nach wie vor die Politik bzw. die Kritik daran auf der Strecke, es geht jetzt zu 90% um die Jugend, aber die Sozial- und Milieustudien haben wir alle nunmehr bis zum Erbrechen durch. Wir brauchen davon keine Steigerung mehr, doch sie bleibt uns leider nicht erspart.
Das kann nicht mehr besser werden!

bis S. 500: Die Gewalt eskaliert weiter. Ich habe genug. Ich will das nicht hunderte Seiten lang Seite für Seite, Satz für Satz, Person für Person lesen müssen, ohne dass es irgendetwas anderes gibt. Pure Schwarz-Weiß-Malerei ohne Weiß. Alle Charaktere sind und bleiben eindimensional, unflexibel und nicht entwicklungsfähig. So ist das menschliche Leben nicht! Wenn ich geballte Ladung Schrecken haben will, sehe ich mir die Nachrichten an oder lese die Zeitungen. Aber das hier ist unerträglich, überzogen und weltfern. Ich fasse nie wieder ein Buch von der Autorin an.

ab S. 520 merken wir, es geht dem Ende zu. Rasendschnelle Schnitte und es geht endgültig in allem over the top. Alle Personen sind einfach nur noch widerlich. Und komplett durchgeknallt. Ich empfehle allen Personen, einschließlich der Autorin, eine Therapie.

S. 575: Das ist das Ende? Nicht ernsthaft, oder? So soll es aufhören? In einem „Roman“ mit -zig Haupt-Personen? Das ist die negative Krönung! Dieser Zynismus ist durch nichts mehr zu überbieten, nicht einmal für ein Theaterstück ist das geeignet. Ein Dreifach Buuuh und Daumen runter. Das ist das Letzte!

Schlussfazit:
Der Autorin hat das Buch sehr am Herzen gelegen, deshalb hat sie auch mehr oder weniger 5 Jahre daran geschrieben. Und genau das ist die Crux – sie hat das Buch nur für sich geschrieben und lässt niemanden sonst daran teilhaben. Ihre unzähligen Details auf jeder Seite lassen eine Storyline vermissen, auf die man noch insofern verzichten könnte, wenn die Dialoge Spannung und Wendepunkte enthalten würden, wenn es eine stimmige Atmosphäre und Wortgewalt gäbe. Abgesehen von ein paar sehr guten Sätzen und Beschreibungen ist die Sprache schlicht und lässt die britische Formulierungs- und Pointierungsfreude, sowie die Selbstironie völlig vermissen. Das kann natürlich ein Übertragungsproblem von gleich zwei Übersetzerinnen sein, die unter zeitlichem Hochdruck arbeiten mussten. Lassen wir das mal dahingestellt, denn zur Mitte hin wird es mit dem Stil tatsächlich besser. Aber leider hat die Autorin sich nicht entscheiden können, ob sie ein Erwachsenenbuch über Jugendliche oder Erwachsene mit Sozialproblemen schreiben sollte – die Kombination, an die sie sich hier gewagt hat, funktioniert in keiner Weise, und das ist meiner Ansicht nach das größte Manko. Vor allem, weil sie auch noch die Politikkritik mit aufgenommen hat, die aber von der ersten Seite an komplett versandet und nur ein paar kleine – also wirklich sehr kleine, wie von Gartenzwergen ausgeführte – Intrigen beinhaltet. Einfach alles hineingepackt, was einen so bewegt, auf Kosten der Dramaturgie, des Erzählflusses, der Spannung (nicht im Sinne von Action gemeint). Noch dazu steigert sich die Autorin immer mehr in die Gewaltdarstellung hinein. Von Anfang an zeigt das Buch nur negative Seiten auf, und dann kommen im letzten Drittel noch 100% Gewalt dazu. Nicht einmal in postapokalyptischen (Comic-)Szenarien wird das derart übertrieben. Das ist absolut unrealistisch. Und der Schluss ist schlichtweg abstoßend.
Eine kleine Anmerkung wegen der vielen öffentlichen Empörungen zu den Flüchen und dem Poppen: Also wirklich, hier zu behaupten, das wäre ein Buch ab 18, ist lächerlich. Die Flüche halten sich absolut in Grenzen (also eigentlich wird fast nur „scheiß“ gesagt), und die Popperei wird so gut wie gar nicht beschrieben. (Hier fehlen mal die Details, jawohl! Und warum? Weil selbst der Sex nur eine tieftraurige Angelegenheit ist, die keinerlei Freude bereitet.) Jessas, da ist in jedem Jugendbuch und in jeder Bravo und in jedem frauenhistorischen Roman mehr enthalten. Hier hat einer mal mit dem Erheben des deutschen Zeigefingers angefangen, und alle wedeln eifrig mit. So ein Schmarrn! Die Sprache ist keineswegs deftig, das ist alles ganz normal und im Rahmen. Wenn da nicht Rowling drüber stünde, würde es kein Mensch auch nur erwähnen.

Jedenfalls: Ein Roman ist das nicht, sondern eine Dokumentation im Romanstil, eine Studie. Permanent wird (ja, leider auch von der Autorin) mit dem moralischen Zeigefinger gewedelt, wie böse und hoffnungslos diese Welt doch ist, die sich der Mensch geschaffen hat. Vielleicht hat sich die Autorin ja in das aus den gleichen Gründen unlesbare „Gott der kleinen Dinge“ vernarrt und dem „erfolgreich“ nachgeeifert. Damit aber so etwas als 575-Seiten-Buch gelingt, hätte J. K. Rowling mal lieber zuerst Roberto Savianos verstörendes „Gomorrha“ gelesen. Und als Roman gelingt das auch, wie das zutiefst aufwühlende Buch „Stadt der Blinden“ von José Saramago beweist. Davon ist die Autorin meilenweit entfernt. Ihr Magnus Opus ist an mir gescheitert, ich fühle mich abgestoßen und werde zukünftig einen weiten Bogen um sie machen. Vielleicht wäre es besser, sich wieder auf „richtige Geschichten“ zu konzentrieren, denn eigentlich kann sie ja gut erzählen.