Das erstaunliche Leben des Walter Mitty

Gleich der erste Film im neuen Jahr ist schon ein Volltreffer. Basierend auf einer Kurzgeschichte, gab es schon einmal eine Verfilmung mit Danny Kaye, an die ich mich sogar noch dunkel erinnern kann. Ich glaube, das war überhaupt mein erster Film mit ihm in der Hauptrolle, ich war jedenfalls noch ein Kind, muss so in den 60ern gewesen sein, als das Farb-TV gerade anfing. Nun hat sich Ben Stiller daran gemacht, und das war gar nicht so einfach. Jahrelange Planung, keine Finanzierung, immer wieder Neustarts – also hat er sich entschlossen, eben das Wagnis einzugehen und alles selbst zu machen, den wundersamen Stoff in die Neuzeit zu übertragen und dabei auch gleich Bezug auf die derzeitigen Wandlungen zu nehmen, wie etwa das tragische Ende vieler Print-Magazine. Dazu hat er nicht nur die Hauptrolle, sondern auch gleich das Drehbuch, die Regie und die Produktion übernommen. Dabei herausgekommen ist ein humorvoller, berührender, liebevoller Film über einen Tagträumer, der sich gerne in Situationen, in denen er anderen wegen seiner Schüchternheit ausgeliefert ist, in der Rolle des Superhelden vorstellt. Er kann dann über Häuser springen, ist witzig, charmant, ein bewunderter Alleskönner. Ganz normale Tagträume eben, wie sie jeder von uns hat. Er arbeitet im Negativ-Archiv des Life-Magazins, dessen Starfotograf Sean O’Connell (ein sehr zerknitterter Sean Penn) heute noch analog fotografiert. Und nun soll die letzte Ausgabe des Magazins erscheinen, und auf das Cover soll Negativ Nr. 25 der aktuellen Sendung des Fotografen, denn es stellt, so seine Worte, „die Quintessenz seines Lebens“ dar. Doch dieses Negativ fehlt. Angespornt von einer ebenfalls ziemlich schüchternen Kollegin (in die er heimlich verliebt ist), die ihm erklärt, dass David Bowies „Major Tom“ kein Traumsuppenkasper ist, sondern dass es um Mut zum Ungewöhnlichen geht, macht Walter sich auf die Suche nach Sean und findet dabei Erstaunliches. Zuletzt enthüllt sich das Negativ Nr. 25 zu einem wunderschönen, bittersüßen Ende.
Hier stimmt einfach alles – das Timing, die Darsteller, das Drehbuch, die Aufnahmen, die großartigen Landschaften, die Musik, die Atmosphäre und die ernsten, durchaus tragischen Untertöne. Eine Liebeserklärung an das, was war, aber auch an das, was sein wird.
Gleich ein Top-Highlight des Jahres. Chapeau, Mr. Stiller.

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