„Nordkorea ist unvorstellbar“. So beginnt die 24jährige Yeon-mi Park ihre ergreifende, berührende Rede. Sie erzählt davon, dass ihre Mutter ihr eingeschärft hat, nicht einmal zu flüstern. Dass sie daran geglaubt hat, der Diktator könne ihre Gedanken lesen. Sie erzählt, dass es nur einen TV-Kanal gibt. Sie erzählt, als sie 9 Jahre alt war, war sie bei der öffentlichen Hinrichtung der Freundin ihrer Mutter dabei. Deren Verbrechen? Einen Hollywood-Film anschauen. Sie erzählt, dass Liebesgeschichten in jeglicher Form des Ausdrucks verboten sind. Sie erzählt, dass sie während der Flucht mit 14 Jahren ihren Vater heimlich begraben musste und nicht einmal weinen durfte aus Angst, wieder nach Nordkorea zurückgeschickt zu werden. Sie erzählt, wie ein chineischer Verschieber die Situation der Flüchtlinge ausgenutzt und ihre Mutter vergewaltigt hat. Eigentlich wollte er die 13jährige vergewaltigen, wurde aber von der Mutter überredet, stattdessen sie zu nehmen. Sie erzählt, wie in China die nordkoreanischen Flüchtlings-Frauen für 200 Dollar verkauft werden. Ungefähr 70%.
Sie hat ab ihrer Geburt unvorstellbares Leid erlebt. Noch bevor sie 20 Jahre alt war, hat sie traumatisierende Erlebnisse gehabt, bei denen schon ein einziges genügt, um einen Menschen zu zerbrechen. Sie hat überlebt. Sie hat die Flucht durch die Gobi überstanden. Als der Kompass ausfiel, haben sie sich an den Sternen orientiert. Damals glaubte sie, dass nur die Sterne allein ihr Beachtung schenkten, weil es sonst niemand tat. Da es selbst auf der Flucht nur Gewalt und Angst gab. Sie hatten alle Messer dabei, um zu verhindern, lebend nach Nordkorea zurückgeschickt zu werden. Erst in der Mongolei fühlte sie sich zum ersten Mal einigermaßen sicher.
Was Yeon-mi da erzählt, ist für uns unvorstellbar. Nordkorea ist ein sehr kleines, sehr abgelegenes Land. Worüber Yeon-mi berichtet, „wissen wir eigentlich“ durch Reportagen, doch es unmittelbar von einer Betroffenen zu hören, in diesen Worten – das erst zeigt das ganze Ausmaß dieses Entsetzens, das dort herrscht. Die grausame Tyrannei herrscht dort schon seit 70 Jahren, eine einzige Familie, deren jüngster sadistischer Mörder und Herrscher von eigenen Gnaden in Europa in die Schule gegangen ist und studiert hat. Wozu er das getan hat, weiß niemand. Unser Wissen, unser Moralverständnis, unsere Humanität braucht er in seinem Land offenbar nicht, denn er hat nichts davon mitgenommen und umgesetzt. Im Gegenteil. Er hat auch in der eigenen Familie ordentlich aufgeräumt, um durch nichts bedroht zu werden. Wie ein Junge mit seinen Zinnsoldaten spielt er willkürlich, bar jeglicher Menschlichkeit. Und hat, wie man an seinem dicken, fröhlich lachenden Gesicht sieht, ordentlich Spaß dabei. Es macht ihm nichts aus, dass er den allein hat.
Womöglich aber nicht mehr lange, denn China hat aktuell die Grenzen dicht gemacht und das Volk droht nun zu verhungern. Wie man auf Bildern aus der Ferne sehen kann, gibt es nicht mal mehr Fensterkitt zum essen.
Yeon-mi Park bittet uns um Hilfe, jeden Einzelnen von uns, der nicht in Nordkorea eingesperrt ist, dem größten Gefängnis mit der größten Foltermaschinerie der Welt. Und wir alle können etwas tun. Wir können Yeon Mi eine Stimme geben, indem wir ihren Aufruf weiterverbreiten. Indem wir ihr zeigen, dass sie und ihr Land nicht unwichtig und unbedeutend und am Ende der Welt sind. Dass sie nicht all das auf sich genommen hat nur um zu erkennen, dass es keine Hoffnung mehr gibt.
Bei dem Youtube-Link gibt es keine Untertitel, aber sie ist gut zu verstehen. Wer auf Facebook ist, dort gibt es eine Version mit Untertiteln. Ich setze auch den aktuellen Link eines Kurzberichts des ZDF dazu über die geschlossenen Grenzen auf Chinas Seite.
Die Rede stammt übrigens von 2014, damals war sie also gerade mal 21 Jahre alt. Sie lebt heute als Menschenrechtsaktivistin in Südkorea.