Erinnerung einer Groupie-Begleiterin

Bereits Weihnachten starb einsam in Südengland der Musiker Les Humphries mit nur 67 Jahren an einem Herzinfarkt nach einer Lungenentzündung.

Wer kannte ihn damals nicht, den Les, in den poppigen 70ern mit Flower Power, schrillem Glitterglanz und knallbunten Klamotten? Die Les Humphries Singers zählten damals zu den bekanntesten Gruppen der Welt und waren mit ihrer unbeschwerten Musik Charts-Könige. Gemäß dem Vorbild der Beatles ging Les von England an die Reeperbahn, um Karriere zu machen, und das Konzept ging schnell auf.

Meine Freundin war damals glühende Anhängerin der Gruppe und schrecklich verliebt in Les. Sie fand ihn sooooo süß. Dass er zu der Zeit schon über 30 und mit Dunja Rajter verheiratet war, bekümmerte sie nicht, wir waren schließlich Teenies, und echte Fans schrecken vor nichts zurück. Jedesmal, wenn die Gruppe zu einem Dreh nach München kam, waren wir mit dabei. Schon ab dem zweiten Mal kannte man uns, sogar mit Namen wurden wir begrüßt, „na, seid ihr auch wieder dabei? Wollt ihr auch mit auf die Aufnahme?“. (Klar – aber wenn man jemals was von uns gesehen hat, dann nur die Haare von hinten, und entdeckt wurden wir auch nicht.) Wir wurden niemals als lästige Wimmerl behandelt, sondern freundlich und fröhlich, und Kaffee bekamen wir auch. An kalten Tagen Glühwein. Les war höflich und unterhielt sich stets kurz mit uns, aber er war sonst sehr distanziert, von jedem übrigens. Er mochte öffentliche Auftritte und vor allem Clipaufnahmen nicht besonders, wollte lieber im Studio sitzen und die nächste Platte einspielen. Aber da Auftritte unumgänglich waren, nahm er sie eben hin und verlangte dafür 120%igen Einsatz seiner Singers. Dass es da Knatsch gab, bekamen selbst wir Mädels mit. Wir merkten es an der Stimmung, die ab und zu doch mal durchschlug, gedrückt oder wütend, und an dem häufigen Wechsel der SängerInnen. Wenn es dann aber an die Aufnahme ging, waren sie alle absolut professionell. Am zugänglichsten war John Lawton, der seine hervorragende Stimme später bei Uriah Heep einsetzte, wo er bedeutend besser aufgehoben war. Wir erlebten im Münchner Circus Krone seinen ersten Auftritt mit der Band, der einfach furios war – Lady in Black forever, kann ich dazu nur sagen. Ich hab’s heute noch im Ohr. Was die Musik der Gruppe betraf, so konnte ich nie was damit anfangen, mit Ausnahme des ersten Albums, der Gospel-Sammlung I believe. Die fand ich klasse. Aber wenn die Freundin halt so ein Fan ist, was will man da machen? Man geht mit. Ich weiß noch, beim ersten Mal waren die Singers sehr erstaunt, weil ich kein Autogramm und auch kein Agfaclack-Foto mit Star (so wie in der Bravo auf der Leserseite) haben wollte. „Ich bin nur wegen meiner Freundin hier“, sagte ich. „Mir gibt eure Musik nix, ich steh mehr auf die Rolling Stones.“ Wahrscheinlich hat sie das so beeindruckt, dass sie sich meinen Namen und mein Gesicht merken konnten. Meine Freundin glaubte, im Erdboden versinken zu müssen, und sie hat mir das nie verziehen, aber die Singers nahmen es mit Humor, und wir waren immer willkommen.

Ich schwelge deswegen in Erinnerung, weil diese Nachricht meine Jugendzeit aufgewühlt hat, mit diesen unglaublichen Klamotten, mit denen ich heute nicht mal auf den Fasching gehen würde, den langen Haaren und Koteletten, der dicken Schminke, den Flitter-Discos, und Lady Bump und Night Fever und Dave is on the road again …

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