Filmhits 2011

28 12 2011

Ein leider maues Kinojahr, vor allem beherrscht von Remakes – noch mehr als letztes Jahr. 2009 ist wohl nicht so leicht wieder zu erreichen. Den überwiegenden Teil der Filme haben wir auf DVD verbannt, uns lockte zu wenig ins Kino. Gerade bei 3D ist durch den sehr hohen Preis, gepaart mit einer mäßigen Optik (weil die meisten gar kein echtes 3D, sondern aufgepepptes 2D sind) und oftmals nicht berauschenden Filmen, sehr genaues Überlegen angebracht. Dennoch: ein paar Filme sind rundum gelungen.
Januar
Lief zwar im Dezember an, aber wir sind erst jetzt dazu gekommen.
Skyline: Jessas! Statt Bodysnatchers haben wir es mit Brainsnatchers zu tun, und die haben die Hirne der Drehbuchschreiber gleich mitgenommen. Nach dem Teaser kommt eine unglaublich langweilige Partysequenz à la Cloverfield, die niemanden interessiert, aber wenigstens nicht mit Wackelkamera, sondern professionell gedreht ist, und nach gefühlten 3 Stunden wird die Eingangsszene wiederholt … und die Langeweile geht weiter. Als der Film dann endlich losgeht, ist er zu Ende. Die Storyline ist fad und abgedroschen, ein Bug jagt den nächsten und die Dialoge sind flacher als Kiera Knightleys Magersuchtbauch. Positiv anzumerken sind Sound und Optik bei einer Low-Budget-Produktion.
The Tourist: Anspruchsloses, ruhiges, humorvolles Popkornkino im Stil von „Charade“, was nette Erinnerungen bietet. Nervtötend ist Jolies Overacting als „Superhyperultragöttin, der alle zu Füßen liegen“ wie im Kino von annodunnemals, das ist schon arg peinlich. Sei’s drum, darüber verzeiht man die Drehbuchschwächen, und die Beteiligten hatten viel Spaß und Venedig ist eh immer eine Reise wert. (Interessant: der Airport gleich am Steg … lool!)
Im Kino bei uns nicht gelaufen, auf DVD nachgeholt: Hurt Locker, der Oscar-Film des letzten Jahres. Ein Antikriegsfilm ganz anderer Art, der sich darauf konzentriert, was der Krieg aus den Soldaten macht. Hervorragend inszeniert, verdient prämiert.
22 Bullets: Ein französischer Mafia-Rache-Film, der sich nach ruhigem Beginn zusehends steigert und schließlich geradezu den Atem raubt. (Einzig negativer Punkt: Tosca muss mal wieder herhalten; die schönste Arie der Welt ist bald dermaßen abgenudelt, das ist schade.) Jean Reno und Kad Merad als hervorragende Hauptdarsteller. Abgesehen von den Ehefrauen und den Kindern hat niemand eine weiße Weste, auch die Arbeit der Polizei, die vergleichbar mit Donna Leons Kritikkrimis sind, wird real dargestellt. Stellenweise sehr brutal, aber dadurch umso glaubhafter. Grandios.
Tron Legacy: Was war der Film damals Aufsehen erregend, was für eine neue Welt und Filmtechnik! Sicher, es war ein wenig albernes Disney-Zeugs dabei, aber dennoch waren es atemberaubende Bilder aus dem Cyberspace. Und nun treffen wir Jeff Bridges und Bruce Boxleitner wieder, gealtert, aber nicht unbedingt vollends desillusioniert. Der ruhig erzählte „Erbe“ hat nicht die Inspiration des Originals und sich auch im Design kaum weiterentwickelt, die Storyline ist sehr dünn, dennoch ist es ein Augen- und Ohrenschmaus, der trotz einiger Längen unterhaltsames Kinovergnügen bietet.
Februar
72 Stunden: Russel Crowe mal wieder ganz präsent. Nach einem zähen Einstieg kommt richtig Tempo in die Geschichte, die durch das Katz- und Mausspiel zusehends an Spannung gewinnt. Ein paar storyheikle Dinge, die aber der Unterhaltung kaum Abbruch tun. Eine Kürzung auf normale Spielfilmlänge hätte nicht geschadet. Solides Kino mit einem wie immer präsenten (aber viel zu kurz auftretenden) Brian Dennehy, von dem wir in letzter Zeit leider viel zu wenig sehen.
März:
True Grit: Kein Oscar für die Coen-Brüder, aber das war nach den letzten Abräumern zu erwarten. Kompromissloser, epischer Western, der zeigt, dass dieses Genre nicht aus der Mode kommt und ich meine Begeisterung dafür nie verlieren werde. Hervorragende Unterhaltung, hervorragende Darsteller und ein würdiger Nachfolger des Originals … das dennoch, ich weiß nicht warum, einen kleinen Tick besser war. Ich glaube, es war mehr Herz drin. Dennoch: Daumen hoch!
Unknown Identity: Hintergründige Idee, spannend, gute Darsteller – so macht Kino Spaß. Vermeintliche Logik-Bugs klären sich nach und nach; ein paar Abzüge gibt es für typische filmische Schwächen, die heutzutage nicht mehr passen, wie etwa, trocken zu sein, nachdem man in einen Fluss gefallen ist, explodierendes Auto, das einfach nur abgestürzt ist usw. Gute Unterhaltung mit Überraschungen und einem brillanten Bruno Ganz.
Rango: Ein schräger, skurriler, abgedrehter Film in toller Technik, aber wohltuendem 2D. Es gibt Hommagen an Clint Eastwood und Lucky Luke, Sozial- und Wirtschaftskritik, allerdings weniger Persiflage. Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt, aber seltsam war es dennoch.
Der Plan: Mal wieder eine Philip K. Dick-Verfilmung, der es sogar gelungen ist, seinen urigen Humor und seine Bissigkeit zu übertragen. Wer schreibt denn nun den Plan und warum, und wieso ändert er ihn immer wieder? Haben die Fatalisten ihre Berechtigung, die Buddhisten, die Ein-Gott-Gläubigen, die Analytiker, oder wer? Gibt es nun den freien Willen oder nicht? Das Ganze ironisch und mit einem Augenzwinkern, dazu jede Menge Romantik – schön. Emily Blunt ist bezaubernd, und Matt Damon überzeugend.
April:
The King’s Speech: Das bisherige Highlight des Jahres mit allen Daumen hoch. Ein großartiger, grandioser Film mit einem überragenden Colin Firth. Obwohl es fast zwei Stunden lang nur ums Stottern ging und es nur wenige Szenenorte gab, war ich gefesselt vor Spannung. Hautnah, dicht dran, sehr intensiv und emotional. Immer wieder ertappte ich mich dabei, dass ich meine Lippen mitbewegte und versuchte, die Worte aus Berties Mund zu ziehen. Wundervolle Bilder, die teils wie Gemälde wirken, ein kunstvolles Szenario, das dennoch stets im Hintergrund bleibt. Das ist hervorragendes Kino, ich war schon lange nicht mehr derart fasziniert von einem Film.
Sucker Punch: Das ist im Boxsport ein unerwarteter Hieb, und genau das ist dieser Film auch. Unzählige Verrisse, die denke ich darin begründet liegen, dass viele Männer sauer darüber sind, nicht den Film präsentiert bekommen zu haben, den sie erwartet haben. Er ist nämlich das pure Gegenteil: ein Anti-Machismo-Film. Aber er ist noch sehr viel mehr. Eine unglaubliche Symbolträchtigkeit, verpackt in eine bis ins kleinste Detail durchgeplante, anspruchsvolle Heldenreise. Mit jeder Menge Inhalt und Aussagekraft, die man tagelang diskutieren kann, und dazu Bilder satt; schon die wortlose Eingangssequenz hat mich gleich reingezogen, mehr braucht es gar nicht, um so viel Inhalt unterzubringen. Was die „leichtbekleideten Mädchen“ betrifft – die Kostüme gehen kaum züchtiger. Die entsprechen exakt den Manga-Filmen für die Kleinen. Und auch das ist ein bitterböser Seitenhieb auf eine patriarchalische, pädophil geprägte Kultur. Eine Kampfansage gegen Misogynie und für die Freiheit i.S.v. „Brazil“ (der laut Snyder tatsächlich als Vorbild galt), die vollauf gelungen ist, auch wenn sie nur von wenigen verstanden werden wird. Der vermutlich meist unterschätzte, Ausnahme- und künftige Kultfilm des Jahres.
Black Swan: Der meist überschätzte Film des Jahres. Zu theatralisch und oberflächlich bei einem grausam kitschigen und leider völlig unrealistischen Ende. Ich hätte angenommen, dass Nina sich den Fuß bricht, das wäre die Konsequenz und „der Preis“ gewesen, aber so … Ja, bildlich ein schöner Film, aber streckenweise zu lang, mit einigen optischen Höhepunkten, etwa die Verwandlung des Schwarzen Schwans mit dem Schattenriss und den Flügeln, das war grandios. Aber ich war nicht gefesselt, noch konnte ich mit Nina fühlen, und eine Entwicklung war überhaupt nicht vorhanden, alle Charaktere waren auf Schablonen und Klischees reduziert. Nina war bereits zu Beginn ab der ersten Szene psychotisch, und am Ende lediglich ein bisschen mehr – das genügt nicht für eine Charakterisierung, und erst recht nicht für Tiefgang, und für eine (aus dem Grund nicht vorhandene) Storyline reicht das schon gleich gar nicht. Für einen Psychothriller hätten wir mehr von der Beziehung zwischen ihr und ihrer Mutter und von ihr selbst erfahren müssen. Nina aber war am Ende genauso verklemmt, spröde und prüde wie zu Beginn. Aus diesem Grund kam der Auftritt des Schwarzen Schwans auch extrem kurz, da war keine Verführung, keine Versuchung, keine Erotik und kein Fallenlassen. Und erst recht kein Einfluss des Schwarzen Schwans überhaupt auf Ninas Entwicklung. Zeitverschwendung.
The Fighter: Ein authentischer, unter die Haut und an die Nieren gehender Film, der unermüdlich das Tempo bis zum mitreißenden Ende steigert. Ein obsessiver Christian Bale, fast auf sein (Minus-)Gewicht von The Machinist heruntergehungert, und ein Mark Wahlberg, der alles gibt. Ein außergewöhnlicher Boxfilm, der sogar Boxfeinde wie mich atemlos macht. Das besondere Highlight im Abspann: die beiden Brüder in echt. Großes Oscar-Kino, das sehr viel mehr Anerkennung verdient gehabt hätte.
Mai:
Nur sehr wenig Zeit fürs Kino, einiges auf DVD verschoben – wie etwa Paul, Fluch der Karibik 4 und andere, die mir zu „kritisch“ sind, um verschwendete Zeit zu riskieren.
Thor: Das ist doch mal richtig schönes, opulentes (Comic)Heldenkino für die ganze Familie. Ein sehr gut aussehender Hauptdarsteller mit sympathischem Lächeln, der seine Sache richtig gut macht, fröhliche Selbstironie, schöne Fantasy, eine Familienbeziehungskiste und ein Böser, der nicht wirklich böse ist. Gesehen und für gut befunden.
Juni:
Source Code: Das ist also der zweite Film von Duncan Jones, Sohn von David Bowie, nach Moon. Sehr professionell gemacht und gute, mäßig anspruchsvolle Unterhaltung. Ich muss gestehen, ich mag Zeitparadoxa und das Spiel mit den Fragen darum herum; es ist eine Diskussion, die zu keinem Ergebnis führen kann, aber so hypothetisch geführt macht sie Spaß. Der Film hält sein Tempo, und bedingt durch die vielen mit hineinwirkenden Faktoren bleibt auch die Spannung fortwährend. Auf mehrere Wendungen folgen mehrere Auflösungen, dies ist kein klassischer Dreiakter. Empfehlenswerte Unterhaltung, die aber nicht nachhaltig ist.
Wer ist Hanna?: Na endlich mal wieder ein Highlight! Grandiose Darsteller, allen voran die junge Hauptdarstellerin, die schon in anderen Rollen, unter anderem „In meinem Himmel“ herausragend geglänzt hat, und eine ausgefeilte Storyline, gepaart mit Skurrilität. Die perfekt ausgebildete Kampfmaschine entdeckt die Welt mit den Augen eines Kindes, das sie noch ist. Berauschende Optik, beklemmende Spannung, konsequent bis zum Schluss, und dazu die perfekt passende Musik. Das ist Action und Filmkunst kongenial verbunden. Mehr davon! Jawohl!
Juli:
Harry Potter 7.2: Nachdem mich weder das Buch noch Teil 1 überzeugen konnten, sieht es hier schon anders aus. Tempo, Spannung, anrührend und tragisch; der – übrigens ausgezeichnete – Trailer hat nicht zu viel versprochen. Ein würdiges Ende. Snape forever!
August: Pause. Sommerpause. Langweilig.
September:
Cowboys&Aliens: Das Western-Szenario passt und macht Spaß, schöne Aufnahmen, schöne Frauen, heroische Männer, ein mürrischer Einzelgänger, der innen drin doch einen weichen Keks hat – abgesehen von dem bescheuerten Hut ist Daniel Craig ehrenvoll in Eastwoods Fußstapfen getreten -, und ein wunderbar gereifter knorriger Kauz namens Harrison Ford. Wer ihn mag, darf den Film nicht versäumen. Tja, die Aliens. Sie müssen ja überlegen sein, und es wäre daher besser gewesen, sie in geringer Anzahl auftreten zu lassen, um die Auseinandersetzung glaubwürdiger werden zu lassen. Das hätte dem Kampf bzw. der Action keinen Abbruch getan. Brav: der Hund hat überlebt. So gehört sich das.
Hell-die Sonne wird dich verbrennen: Deutsche SF, vor allem in Bayern gedreht. Roadmovie, Horror, Survival, und das alles ganz dicht und hautnah dran, und zwar so, dass ich Gänsehaut bekommen habe. Hannah Herzsprung ist große Klasse. Mehr von ihr! Der Film ist völlig schnörkellos, fast durchgängig ohne Musik und wahnsinnig spannend. Mehr von solchen deutschen Filmen! Nachhaltig! Thumbs up!
Oktober:
Colombiana: Rachefilm, diesmal mit einer Frau als Rächerin, die sogar noch den letzten überlebenden Rest ihrer Familie opfert, um ans Ziel zu gelangen. Sehr geschmeidige, ansehnliche Hauptdarstellerin, die es richtig drauf hat. Für diese Kategorie unterhaltsamer und gelungener Film.
Kill the Boss: Herrlich gelungene Komödie mit witzigen Dialogen, einem kongenialen Darstellertrio und den vermutlich wirklich ätzendsten Chefs der Welt, hervorragend besetzt mit Kevin Spacey, Colin Farrell und Jennifer Anniston. Dazu Jamie Foxx – es kann nichts schiefgehen, und entsprechend bestens gelaunt liefern alle eine gute Leistung ab. Zum Ausklang noch ein paar Takeouts, und man geht lachend und fröhlich beschwingt aus dem Kino. Daumen hoch!
November:
Der lief zwar gar nicht im Kino, aber er gehört unbedingt auf die Liste: Four Lions. Schwarzbritisch und pakistanisch/arabisch/wie auch immer man es nennen möchte. Eine unglaublich gelungene Tragikomödie, die endlich mal dem Terrorismus den Stinkefinger zeigt, und zwar so richtig. Mit einfachen Mitteln gemacht, hervorragende Darsteller, und auch das Britentum wird nicht ausgenommen. Monty Pythons würdig. Ein Highlight des Jahres. Gerade für Deutschland wäre es wichtig gewesen, den Film zu zeigen.
Anonymus: Emmerich kann’s tatsächlich. Ihm ist ein schöner, opulenter „Was-wäre-wenn“-Kostümschinken gelungen, der gar nicht erst den Anspruch erhebt, es könnte was an der Verschwörungstheorie dran sein, indem er mit Derek Jacobi einen Prolog zu einem Bühnenstück voranstellt. Die Schauspieler, allen voran die großartige Vanessa Redgrave, sind voll dabei. Daumen hoch!
Krieg der Götter: Mal abgesehen davon, dass die Hälfte des Films gar nicht 3D ist (aber Hauptsache, ich zahle dafür doppelt so viel Eintritt), hätte aus dem Film was werden können. Nur leider bleibt er sowas von oberflächlich, dass keinerlei Spannung oder etwa Sympathie für die Protagonisten aufkommt. Das Eindringlichste sind Hyperions Grausamkeiten. Die Eleganz und Choreographie des – ansonsten testosterongebombten und überhaupt nicht guten – „300“ fehlt ihm gänzlich. Mag ein Blockbuster sein, aber muss man wirklich nicht gesehen haben.
Dezember:
Sherlock Holmes 2:
Der Witz und Charme des Vorgängers wird nicht erreicht, aber dafür ist der zweite Teil auch eine Weiterführung und wohltuenderweise keine Wiederholung, speziell was Holmes‘ „Vorausschau“ eines Kampfes betrifft. Das Tempo ist hoch, die Story wird geradlinig und immer dicht verfolgt, auf Kosten der spritzigen Dialoge und kurzen Verweilungen. So fehlen ein wenig die Charakterisierungen, weil die Figuren bereits eingeführt sind, doch da hätte ruhig noch ein bisschen dazu können. Ebenso fehlt die Fortführung des Diebstahls der Maschine aus Teil 1, was auf Teil 3 schließen lässt. Erster Höhepunkt und bildlich hervorragend umgesetzt ist die Verfolgungsjagd im Wald gegen Ende zu, und spannender, ausgezeichneter Höhepunkt ist das Duell mit Moriarty.

Damit haben wir einen guten Abschluss für das Filmjahr 2011 gefunden und sind mal gespannt auf das, was uns 2012 so bringen wird … neben dem Hobbit natürlich.


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