Neues Urheberrecht … und logischerweise erheblicher Widerstand

Mann, der Wiele schon wieder! Fiel er bereits durch seinen Artikel zur VG-Wort negativ auf (mein Eintrag vorher, da hab ich noch nichts gesagt), so treibt er es hier auf die Spitze. Ich frage mich: Ist der Mann Journalist oder Trompete des Verlags, für den er schreibt? Ich krieg langsam nen Hals! Wobei, wenigstens schreibt er über diese Dinge, während sich die anderen Zeitungen komplett ausschweigen. Zeigt das nicht, in welch desolatem Zustand das Urheberrecht in der Tat ist?

Worum es geht? Ganz einfach, liebe Kreative, um derzeit nur einen einzigen Aufreger, mehr erfahren wir grad nicht: Darum, dass eure Texte in Zukunft nicht mehr bis 70 Jahre nach eurem Tod beim Verlag liegen, der damit machen kann, was er will, sondern dass ihr nach 5 Jahren das Recht haben sollt, eure Rechte zurückzuverlangen!

Was Herr Wiele nicht zu begreifen scheint – es ist ein „Kann“, kein „Muss“. Ist der Autor zufrieden mit seinem Verlag, belässt er logischerweise die Rechte, wo sie sind. Und bietet sogar sein nächstes Werk an. Er kann kreativ sein, der Verlag übernimmt den Rest. Was will autor denn mehr? [Das beste Beispiel, wie so etwas funktioniert, ist seinerzeit Michael Ende und „sein“ Thienemanns Verlag; der heute sehr rührige Literaturagent Roman Hocke ist sogar der Erbe seiner Rechte. So kann’s gehen!] Also, was lernen wir daraus?

Diejenigen Verlage, die sich dagegen sperren (und das sind nicht alle!) müssen sich zukünftig verdammt nochmal MÜHE geben, die Werke der Autoren zu vermarkten und ihr Vertrauen gewinnen! Und zwar nicht allein die der Bestsellerautoren, die sich eh von selbst verkaufen, aber für die 250.000 Euro von insgesamt 260.000 Euro Werbebudget hingelatzt wird, sondern der Newcomer und noch die eher Unbekannten, aus denen was werden könnte, aber wenn die das nicht sofort von selbst schaffen, wir sie lieber aus dem Programm schmeißen!

Natürlich mag jetzt jemand argumentieren: Und dann kaufen sie nur noch Lizenzen ein und nehmen gar keine muttersprachlichen Autoren mehr. Ja und? Das tun sie doch bereits, noch bevor das Gesetz überhaupt in Kraft tritt! Habe ich seit Anfang der 1980er permanent erlebt, von wenigen Erkenntnisjahren abgesehen, dass Muttersprachler „trotz allem“ in der Produktion immer noch günstiger sind als Lizenzen und tatsächlich auch schreiben können. Momentan stehen Lizenzen in bestimmten Grenes wieder hoch im Kurs, und das hat nichts mit der geplanten Gesetzesänderung zu tun. Also davor muss sich niemand fürchten, das ist schon so und war schon immer so. SF-Autoren beispielsweise mussten sich in den 60ern einen amerikanischen Namen zulegen und sich selbst als Übersetzer präsentieren, um überhaupt geprüft zu werden. Ich hatte in den 1980ern Glück, dass ich innerhalb von drei Jahren (sic!) einen freien Programmplatz mit meinem Roman ergattern konnte, einen von zwei, der andere war Michael Iwoleit, und Wolfgang Hohlbein bekam seinen freien Platz bei Goldmann. Die Lektoren der damaligen Taschenbuchverlage sagten alle einhellig, sie würden so gern mehr Muttersprachler bringen, aber sie dürften nicht. Deshalb darf man sich nicht ins Bockshorn jagen lassen! Auch die Honorare, die noch vor Jahren gezahlt wurden, sind längst heruntergeschraubt.

Was aber soll das heißen „Diese Regelung verbessere höchstens die Stellung weniger Erfolgsautoren auf Kosten der mittleren und kleinen unabhängigen Verlage, sie schade nicht zuletzt den Autoren selbst.“? Völlig an der Realität vorbei! Erstens mal haben die meisten kleinen und viele mittlere Verlage – auch der eine oder andere große! – längst eine beschränkte Vertragslaufzeit im Vertrag, und zwar zwischen 5-10 Jahren. Und übrigens nicht ab Manuskriptabgabe, wie im Artikel suggeriert wird, sondern ab Erscheinen. Was im Gegenzug der eine oder andere Großverlag immer schon im Vertrag drinstehen hatte und Herr Wiele verschweigt: Viele, vor allem Großverlage verpflichten sich vertraglich lediglich zu mindestens 18 Monaten (bei manchen sogar nur 12) Lieferbarkeit des Titels! Und recherchieren Sie doch mal bitte im Internet, lieber Herr Wiele, wie sich Erfolgsautoren zum Gebaren so mancher Verlage äußern, und weswegen manche keine neuen Verträge mehr unterzeichnet haben. Das Netz bietet Links zu frustrierten Autoren, auch denjenigen, die schon 100.000 Auflage erreicht haben!

Herr Wiele, und jetzt muss ich leider mal unflätig werden, aber wie kommen Sie denn auf solchen Schwachsinn: „Bei der Debatte fällt allgemein auf, für wie gering manche den kreativen Anteil der Verlage an Werken halten. Insbesondere bei der Belletristik bleibt dieser der Öffentlichkeit meist verborgen. Würden die Verlage demnächst doppelt geschwächt – durch den Verlust von Titeln nach fünf Jahren und den Wegfall ihres Anteils an den Einnahmen der VG Wort -, wäre es nur konsequent, dass Lektoren und Literaturagenten verlangten, mit als Urheber geführt zu werden. “ Nein, das fällt nicht allgemein auf, sondern nur Ihnen, oder demjenigen, der diesen Artikel diktiert hat! Herr Wiele, Sie gehen jetzt erst mal schön nachschlagen, was definitionsmäßig ein URHEBER ist, was eine VERWERTUNGSGESELLSCHAFT ist und was ein AGENT/MAKLER ist. Und was KREATIVITÄT bedeutet – Werbung für ein Buch zu machen, ist es NICHT! Abgesehen davon, dass sowohl Literaturagenten (i.d.R. 15% vom Autorenhonorar) als auch Verlage (mindestens 85%)  prozentual am Absatz eines Buches (Lizenzgeschäfte noch nicht eingerechnet) beteiligt sind! Also: Setzen, schämen!

Immerhin bringt Wiele dieses Mal eine einzige Gegenstimme (anders als im VG-Wort-Artikel, auf den er sich auch noch bezieht): „Nur wegen eines Details – der Fünfjahres-Ausstiegsklausel – das gesamte Gesetzesvorhaben in Frage zu stellen, entlarve die Absicht der Verlage, meint Überall: „Sie wollen ihre herrschende Dominanz gegenüber den Urhebern zementieren.“ “ Ganz genau so isses!

Also verfolgen wir mal das Ganze weiter mit Spannung und hoffen, dass in dem neuen Gesetz nicht noch jede Menge Fallen für die Urheber drin sind, über die diese lapidare positive Klausel (echt, mehr ist das doch nicht!) hinwegtäuscht.

 

 

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