Die Burka unterdrückt die Frau, entscheidet man. Allerdings nicht dort, wo sie tatsächlich ein Symbol der Unterdrückung ist, sondern bei uns, im modernen, demokratischen Westen.
Kommt jetzt nicht daher, das wäre eine Störung der öffentlichen Ordnung. Ich weiß nicht, inwiefern ein Burkini etwas mit Terroranschlägen zu tun haben kann. Ich bin restlos entsetzt, dass ausgerechnet Frankreich, das doch sooo stolz ist auf seine liberale, gleichberechtigte … ah, das habe ich wohl immer falsch verstanden, fraternité, stimmt, da kommen ja gar keine Frauen drin vor. – Dass man gegen dieses Verbot vor Gericht ziehen muss und Provinzen trotzdem daran festhalten, auch wenn das Gericht anders entschieden hat … in Nizza war ein Einzeltäter. Ein Mann. Wieso werden pauschal die Frauen dafür bestraft?
Mit dem Burkini wurde den Frauen eine Möglichkeit geschaffen, endlich auch Badevergnügen ausleben zu dürfen.
Übrigens gehen nicht nur Musliminnen bekleidet ins Meer. Auch die Asiatinnen, und zwar egal welcher Religion.
Ach so. Ich Dummerle. Das ist ja gaaaaaaaaaaanz was anderes. Die gehen ja dort bekleidet ins Wasser, nicht bei uns.
Man kann ein Verbot noch so „begründen“ oder „rechtfertigen“ – es ist und bleibt ein Verbot.
Wenn eine Frau nicht selbst entscheiden darf, was sie als Kleidung anzieht, dann wird sie unterdrückt. Und das von Staats wegen. Die verschleierte Frau wird stigmatisiert. Sie wird gezwungen, etwas zu tun, was sie nicht will.
Und zwar egal in welchem Land! Ob sie nun die Burka tragen muss oder nicht tragen darf – es ist ein Zwang.
Es ist absurd, den einen Zwang mit dem anderen Zwang ausgleichen oder „besser machen“ zu wollen.
Was hat denn das mit Demokratie zu tun? Mit den Grundrechten der Menschenwürde? Wie soll das überhaupt mit unserem Grundgesetz vereinbar sein?
Ich wiederhole es gern. Ein Verbot bedeutet: Die Frau hat nicht mehr das Recht, selbst zu entscheiden.
Sie wird gezwungen – und damit unterdrückt -, die „passende“ Kleidung an/auszuziehen. „Passend“ bedeutet: Selbstverständlich auch wieder nicht zu minikurz, denn dann ist sie selbst schuld, wenn sie vergewaltigt wird. Burka tragen darf sie nicht, aber Männer provozieren auch nicht! Sie darf natürlich erst recht kein grelles Make-up tragen, weil sie sonst eine Nutte ist.
Ich fände es ja angesichts solcher Überlegungen am besten, es wie bei Mao zu machen: Männlein und Weiblein tragen alle dieselbe blaue Knast-Uniform, dieselben Schuhe, und tragen vor allem alle Glatzen, damit man nicht mal mehr die Haarfarbe erkennen kann.
Wenn eine bei uns lebende Frau keine Burka mehr tragen will, dann muss sie das auch nicht! Sie hat das Recht dazu, sie abzulegen. Und wenn ihr Mann sie deswegen umbringen will, dann hat diese Frau das Recht auf körperliche Unversehrtheit, sprich auf Schutz, polizeilich wie gerichtlich. So funktioniert unser Staat.
Naja, zumindest auf dem Papier.
Da wird einfach selbstmännlich entschieden, dass die burkatragende Frau unterdrückt ist und befreit werden muss. Ohne dass dabei berücksichtigt wird, dass diese Frau seit ihrer Geburt mit diesen Reglements aufgewachsen ist und nichts anderes kennt. Dass ein Umdenken ein langsamer, behutsamer Prozess sein muss und kein Gewaltakt, wie er hier vorgenommen wird. Vielleicht will die Frau ja wirklich eines Tages die Burka ablegen – aber ob und wann, das ist ihre Sache. Ansonsten bekommt sie halt noch ein Trauma mehr und erkennt, dass sie auch im demokratischen Westen in einer Welt lebt, in der sie nichts zu sagen und keine Rechte hat.
Denn das Verbot ist zugleich ein Schuss nach hinten. Trägt eine Muslima trotzdem die Burka, was ist dann? Wird sie verhaftet? Trägt sie sie nicht, darf sie dann auf Weisung des Gatten nicht mehr aus dem Haus? Hat denn irgendjemand über die Konsequenzen nachgedacht, die die Frauen zu tragen haben? Ach nee, es ist wie bei Merkels „wir schaffen das!“ – Hauptsache, Verbot, was daraus wird, ist uns doch wurscht, wir haben die Diskriminierung der Frau beendet. Ja, wie denn? Indem sie nicht mehr aus dem Haus darf und keiner weiß, was da drin mit ihr passiert? Macht nix, weil wir sehen es nicht?
In jedem Fall hat die Frau die Schuldzuweisung und ist diejenige, die darunter leiden muss. Egal, was sie tut, sie kann gar nicht das Richtige tun!
(Ich glaube eh, dass viele Frauen, speziell in Metropolen wie Rom, sich sowieso am liebsten vollverschleiern würden, um auf der Straße den Männern nicht mehr hilflos ausgeliefert zu sein, um nicht ständig angemacht, wenn nicht sogar direkt angefasst zu werden.)
Ihr Verbotsliebhaber, fangt doch mal damit an, dass Frauen nicht mehr angefeindet werden für das, was sie tun, für das, was sie arbeiten. Das zieht sich durch alle Branchen und alle Gewerbe.
Bevor ihr so tut, als würdet ihr Frauen respektieren, fangt doch erst mal damit an, Frauen als gleichberechtigte Partner zu sehen und ihre Arbeit gleichwertig zu entlohnen. Fangt einmal damit an, Frauen nicht mehr auf das Gebären zu reduzieren: „Was, du hast noch kein Kind? Dz, dz, dz“ … „Was, du hast fünf Kinder? Du Assi!“ … „Was, du hast nur 1 Kind? Und was wird aus deiner Rente?“
Fangt einmal damit an, dass ich als Frau keine Angst mehr haben muss, durch unbelebte Straßen oder allein in eine Tiefgarage zu gehen.
Ein Burka/Burkiniverbot kann und wird daran nichts ändern, außer, dass die Frauen, die sich ohnehin fügen müssen, sich weiterhin fügen müssen, nur vielleicht noch ein wenig mehr. Ob mit oder ohne Verhüllung, es sind die Frauen, die es trifft, denen das Recht auf Selbstbestimmung abgesprochen wird, die sich ständig „den Regeln entsprechend“ zu verhalten haben.
Das Ergebnis wird sein, dass Frauen noch mehr als sonst angefeindet werden, wenn sie auch nur ein Kopftuch tragen. Was übrigens mit Religion nicht zu tun haben muss – oder würdet ihr behaupten wollen, die Queen sei eine Muslima?
Religion als Grund vorzuschieben ist Heuchelei, und es „Befreiung“ zu nennen ist blanker Hohn. Es ist Stigmatisierung und Befeuerung der Misogynie. Es wird alles schlimmer und nicht besser machen.