Zumwinkel und die Folgen

Ja, wird es denn Folgen haben/geben? Wird sich etwas ändern? Auf einmal finde ich ein Geschrei der Regierung, wie böse die Spitzenmanager sind?

Angesichts der Ermittlungen gegen hunderte mutmaßliche Steuersünder haben Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) vor schwerwiegenden Folgen für die soziale Marktwirtschaft gewarnt. Die deutschen Manager müssten sich „ihrer Vorbildfunktion für die Gesellschaft bewusst werden“, sagte Glos der „Bild am Sonntag“ (BamS). „Andernfalls wird unsere soziale Marktwirtschaft unglaubwürdig.“ Die Wirtschaft müsse „Selbstreinigungskräfte“ entwickeln.

Leute. Nun mal ganz langsam und von vorn. Erstens mal, wieso „wird“ unsere soziale Marktwirtschaft unglaubwürdig? Barer Hohn ist das, angesichts dessen, dass die Firmen seit über 10 Jahren Massenentlassungen durchführen und die Löhne einfrieren, die Spitzengehälter der Spitzenmanager aber jährlich in zweistelliger Prozenthöhe steigen. Oder war das zuletzt etwa nicht bei der Bahn so? Den Lokführern, die die Verantwortung für hunderte Menschen tragen, wird eine angemessene Entlohnung vorenthalten, weil „man“ sich das nicht leisten kann – und dann genehmigen Vorstand & Konsorten sich eine Erhöhung um 30%? Oder ihr selbst, ihr lieben Politiker – weil es dem Volk in Deutschland nicht mehr gar so gut geht, genehmigt ihr euch „nur“ 9,8% (steuerfreie) Diätenerhöhung anstatt 10%? Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, ihr seid nicht im geringsten besser als die Spitzenmanager. Nur unter den Regierungen seit 1990 war die wachsende Missachtung des Mittelstands und des normalen Arbeitnehmers möglich, weil man die Bonzen machen ließ. Aus welchen Gründen auch immer. Man schritt nicht ein, als die ersten Massenentlassungen begannen. Man unternahm nichts, als im Osten Förderungen in Milliardenhöhe abgeschröpft wurden, von denen weder Osten noch Westen profitierten. Man verwendete den zweckgebundenen Solidaritätszuschlag niemals, wofür er gedacht war. Man lässt die menschenverachtende Mitarbeiterführung zu (schon mal vom Grundgesetz Artikel 1 gehört?). „Wer Arbeit hat, soll dankbar sein und das Maul halten.“ So heißt es nicht! Dass viele 12 Stunden am Tag arbeiten und davon gerade mal die Miete bezahlen können, wird geflissentlich übersehen. Natürlich wollen „wir“ keinen Mindestlohn, denn schließlich könnten „wir“ die Arbeiterschichten sonst nicht mehr in dem Maße ausnutzen, wie „wir“ es tun. Ja, genauso denkt ihr.
Hört einfach mal auf mit eurer Heuchelei. Ist ja fein, dass ihr öffentlich an die Manager appelliert, nicht nur in die eigene Tasche zu wirtschaften. Schließlich gibt es Kommunal- und Landtagswahlen, da muss man schon mal ein bisschen Schulterschluss mit dem Volk zeigen. Aber glaubt ihr wirklich, das Volk fühlt sich jetzt nicht mehr verarscht? Das Volk wäre von so hohlem Dampfgeplauder weniger politikverdrossen? Tun die steigenden Steuern deswegen weniger weh?

Anstatt zu reden, tut endlich was. Reißt keine neuen Löcher auf, um andere zu stopfen, sondern greift dort an, wo die Wurzel des Übels liegt: Ganz oben. Angefangen bei euch.

Noch ein kurzes Zitat zum Abschluss (selber Link): Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, warnte unterdessen vor einer generellen Verurteilung der Manager. Er halte diese „für genauso verfehlt wie pauschale Politikerschelte“, sagte Braun der „Bild“-Zeitung.

Aber klar doch. In Wirklichkeit gibt es nur ganz, ganz wenige schwarze Schafe in unserer großen, sich liebenden Familie. Aber in einem hat er Recht, der Braun: Ich verurteile nicht generell die Manager, sondern generell die Spitzenmanager. Und ich verurteile generell die Regierungen der vergangenen 20 Jahre bis heute, allesamt versagt zu haben, und dass alle miteinander, Oberbonzen und Spitzenpolitiker, den Mittelstand (und damit auch sehr viele alteingesessene Betriebe) kaputt gemacht haben. Und jetzt soll mir mal bitte einer nachweisen, dass ich mit dieser Pauschalisierung Unrecht habe.

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