Auf zur FedCon

Nach ein paar Tagen auf Mallorca bei Alisha Bionda, die allerhand für die Planung weiterer Fabylon-Buchausgaben, sowie die Gestaltung eines Workshops auf der Insel des zärtlichen Lichts, der 2015 stattfinden soll, ergeben haben,  geht es jetzt nun auf die FedCon in Düsseldorf mit Verlagsstand. Von Donnerstag bis Sonntag kann man sich in den verschiedenen Universen herumtreiben und Stars zum Anfassen finden. Gleichzeitig ist der Lektor Frank Weinreich intensiv mit den Bogins beschäftigt, sodass ich nächste Woche nach meiner Rückkehr schon mit der Überarbeitung (*freu*) anfangen kann. Damit werden alle Termine pünktlich eingehalten und der Roman plangemäß zum Teil 3 des „Hobbit“ erscheinen, das ist prima.

Bridget Jones 3 – Verrückt nach ihm (Helen Fielding)

1997 erschien der erste Bridget Jones-Band „Schokolade zum Frühstück“, wenige Jahre später Teil 2 (wie zumeist, wenn es so nicht geplant ist, ist Teil 1 besser, aber ich mochte auch Teil 2), beide wurden (gelungen) verfilmt, und nun, nach langer Pause, ist also Teil 3 da.
Au weia. Mein erstes Erschrecken, dass der Band knapp über 500 Seiten umfasst, kam nicht von ungefähr und hat sich wieder einmal bewahrheitet. Auf so vielen Seiten diese Thematik – das kann nicht funktionieren, und das tut es auch nicht.
Liegt es vielleicht daran, dass ich exakt so alt bin wie Bridget? Möglich. Aber auch damit kann ich leider keine Gnade walten lassen.
Die 52jährige (2013) Bridget strotzt vor Klischees und peinlichen Übertreibungen, da ist nichts mehr von der tollpatschigen Liebenswürdigkeit ihrer jüngeren Ausgabe übrig geblieben. Zudem ist so manches auch unglaubwürdig, wie etwa, dass sie, das jahrzehntelange Pummelchen, völlig unmotiviert mittendrin innerhalb kurzer Zeit 20 Kilo abspeckt, sich auch mit „60 Kilo“ noch als pummlig darstellt, S. 500: „er hob mich hoch, als wäre ich leicht wie eine Feder, die ich bekanntermaßen nicht bin, es sei denn die Flugfeder einer prähistorischen Riesenflugechse“ – hallo, 60 Kilo????? Geht’s noch? Da komme ich mir ziemlich veräppelt vor. Weil sie angeblich auch nach den wenigen Tagebucheinträgen jede Menge kalorienreiches verdrückt. Dazwischen allerdings isst sie wohl gar nicht mehr. Also, sie ist vorgeblich immer noch zu dick, trägt aber String-Tanga. Ernsthaft? Bäh.
Was Humor war, ist zur übertriebenen Klamotte verkommen. Der Zeitbezug ist zu aktuell, womit das Buch nicht zeitlos sein wird. Die absolut gesichtslose Bridget ist zur Klischeetussi verkommen, die Shoppen geht, zum Frisör, zum Waxing, zum Botox, natürlich Yoga, Pilates und wasweißich, sie stellt sich als uralt dar, was sie aber nicht sein will; ich weiß nicht, wie sie aussieht, und nach dem, was sie tut und wie sie sich benimmt, sorry, will ich sie auch ansonsten nicht kennenlernen. Nachdem sie 20 Kilo abgenommen hat, schreibt sie, aha, nächstes Klischee, an einem Drehbuch, nur um das allzu oft durchgekaute irre Filmbusiness zum Thema zu machen. Erzähl uns mal was Neues, Bridget! Und es ist natürlich wahnsinnig lustig, dass „Hedda Gabbler“ von „Tschechow“ ist. Mal abgesehen davon, ein noch mehr old fashioned Thema ging nicht? (Ach ja, und äh, um was für ein Thema geht es Bridget doch gleich? Wie im übrigen Buch bleibt alles an der Oberfläche.) Hand aufs Herz: Wer von euch erinnert sich an Hedda Gabler? Ich will es gar nicht, weil ich es damals schon sterbenslangweilig fand und weil es in den 70ern schon eine urolle Kamelle war. Und es ist ein Armutszeugnis, wenn sich jemand intensiv damit beschäftigt und das Thema zum Film machen will und nicht mal Titel und Autor genau kennt. Das ist nicht lustig. Das ist traurig.
Was einst innovativ und interessant war, ist abgedroschen und elends langweilig. Dazu kommt mir zu viel – und das ist jetzt im Detail wörtlich zu nehmen, bitte – Pipikackakotzefurz-Thematik, die bis ins letzte Detail ausgearbeitet wird, ach ja, und da waren auch noch die Kopfläuse. Ab und zu habe ich mich ernsthaft gefragt, ob ich zu alt dafür bin. Und vor allem muss ich sagen: So bin ich in gar nichts, weder in meinem Alter, noch in meiner Lebenseinstellung, noch in meinem Verhalten. Ich finde diese überdrehte künstliche Figur nur noch peinlich. Es fehlen die feineren Töne und der Stil einer reifen Frau. Mit dieser Darstellung wird jede Frau in den 20ern mit Panik daran denken, jemals 50 zu werden.
Hinzu kommt: warum hat sie so kleine Kinder? Es ist so viel Zeit vergangen, die könnten bereits im Pubertätsalter sein, was die ganze Sache sehr viel interessanter machen würde. Aber mit den zwei Kurzen kommt noch das Klischee der übertüttelnden hysterischen Mutter dazu, die aber, oh, man merke auf, nur chaotisch ist, immer zu spät zur Schule bringt, ach herrje, das ist halt das, was anders ist an ihr, das mögen wir ja.
Nein, mögen wir nicht. Die Konstellation mit den Kleinkindern ist hirnrissig blöd. Wir mögen auch nicht, dass Bridget den Autoschlüssel suchen muss, weil das so ziemlich 90% aller Leute tun müssen, wir mögen nicht, dass Kopfläuse sich als Thema von Anfang bis Ende durchziehen, weil das einfach eine ganz normale Sache ist, die in Kindergarten und Grundschule gang und gäbe ist, und wir mögen nicht, dass wir jedes noch so unbedeutende Missgeschick bis ins Detail vorhersagen können. Bridget kauft sich einen weißen Mantel, klar ergießt sich Kakao drüber. Bridget hat eine Verabredung mit einem aufregenden jüngeren Mann, klar kackt (da haben wir’s wieder, das Kackethema, das sich noch häufiger durch den Roman zieht als die Kopfläuse, aber trotzdem getoppt wird von Fürzen) ihr ein Vogel auf die Schulter, der Liebhaber übrigens versucht dann, die Kacke vom Busen zu wischen. Aua.
Über 400 Seiten lang ist Bridget eine in ununterbrochenem Selbstmitleid zerfließende Nervensäge. Sie beschäftigt sich nur mit sich selbst und daddelt pausenlos mit SMS (das mit Twitter vergessen wir mal ganz schnell, da habe ich das meiste überblättert), egal wo sie ist und worum es geht, das ist einfach unerzogen. Kann einmal vorkommen, aber hier wird es zum Stilmittel, das ihren Charakter noch mehr verschlechtert. Da gibt es keine Wendungen, keine Überraschungen, alles passiert nach Schema F und sowas von vorhersehbar. Was, frage ich mich, finden der junge Liebhaber und der künftige neue Lebenspartner (der natürlich James Bond ist, drunter tun wir’s nicht) nur an ihr? Bridget ist ätzend. Leider erfahren wir erst nach gut 200 Seiten, wie Mark Darcy umgekommen ist, ein weiteres dramaturgisches Manko, denn sein Tod liegt bei Einstieg bereits 5 Jahre zurück und seine Todesart hat keinerlei Einfluss auf die Handlung. Wir möchten es aber trotzdem gern gleich zu Beginn wissen, damit wir ihn abhaken können.

Erst auf S. 429 dann endlich, endlich! haben wir unsere schrullige, schlagfertige, großherzige und intelligente Bridget wieder, der hie und da ein Missgeschick passiert, die ihrer Umgebung Aufmerksamkeit schenkt, auch wenn sie dabei zerstreut ist (weswegen die Missgeschicke passieren). Sie interagiert, sie setzt sich (zB mit ihrer Mutter) auseinander, sie lässt sich nicht mehr treiben, sondern wird aktiv, und sie wandelt auf Freiersfüßen. Von hier bis S. 471 ist das Buch richtig gut, humorvoll und richtig schön.

Danach wird’s wieder für die gottseidank nur noch wenigen Seiten fad und wir wissen ja, wie es endet, mit Kopfläusen. Ende eines zerrissenen Romans, der aus vielen, vielen Versatzstücken zusammengesetzt wurde, was andere so erlebt haben oder erlebt zu haben glauben und was man unbedingt mit reinnehmen muss, damit es ein zeitgeschichtliches Buch wird, das die Gesellschaft aufs Korn nimmt.
Uncool: Das ist es. Bridget Jones ist absolut uncool.
Helen Fielding wäre besser sich selbst treu geblieben, denn da ist ja immer noch was, wie man auf S. 429-471 erlebt. Vielleicht hat es einfach zu lange gedauert, bis die Geschichte geschrieben wurde. Schade.

Aethercircus 2014 in Stade

Also von lauen Mainächten kann man nicht reden, und von warmen Frühlingstagen erst recht nicht. Insofern mussten die Aussteller, die auf dem Gelände ihr Zelt aufgeschlagen hatten, ganz schön schnattern. Aber das ist es ihnen trotzdem wert, immer wieder zu kommen – und ich kann verstehen, warum.

Doch von vorn. 800 Kilometer nach Stade – man gönnt sich ja sonst nichts. Aber: Es ist SteamPunk, es ist Kostümzeit, es ist ein großes Programm, und wir haben schließlich die passenden Bücher dazu. Also fahren wir am Freitag in bester Laune frühmorgens im Regen los und kommen am späteren Nachmittag bei bestem Wetter (nur etwas kühl) an. Das Hotel ist schnell gefunden, in idyllischer Lage (wobei hier alles in idyllischer Lage ist), Gepäck abgeladen und weiter geht es zur Festung Grauer Ort (allein der Name verheißt schon so einiges) zum Standaufbau.

Wir bekommen einen großen Platz in einem der Gewölberäume zugewiesen, können uns wunderbar ausbreiten – und Strom gibt’s auch noch! Wir haben natürlich unsere Kühlbox dabei, versorgen uns aber auch gut auf dem Gelände, wo es einige Schmausmöglichkeiten gibt. Abgesehen vom Wein, den muss ich nächstes Mal mitbringen. Und übrigens hatten wir zum Glück auch Heizung.

Zurück wieder durch Alleen mit riesigen alten Kastanienbäumen, vorbei an Sumpfwiesen, Land, so weit das Auge reicht, und hinter dem Horizont treibt auf einmal ein Schiffsaufbau über dem Grün langsam vorbei, krass, dahinter muss die Elbe sein.

Am Samstag um 11 Uhr geht es los. Und das bei – zwar sehr kühlem – aber wiederum bestem Wetter, kein Wölkchen am Himmel, und in der Sonne lässt es sich aushalten.

Und was es alles zu sehen und zu kaufen gibt! Ein paar Bücher (unsere), Bilder, handgearbeitete Klamotten, handgearbeiteter Schmuck, Accessoires, sinnlose und sinnvolle Dampfmaschinen, alles in Eigenbau, und alles funktioniert (die Dampfratte, der Dampfplattenspieler, der Drache …), auch eine große, selbst gebaute Dampfmaschine fährt tutend mit Passagieren herum. Für Autoren gibt es auch Steampunk-Schreibcomputer und einen Drucker, der SMS ausdruckt – funktioniert alles! Das Showprogramm umfasst alles auf der großen Bühne vom Zauberer bis zur Musik, dazu Modenschau, Lesungen.

Und die Kostüme. Es gibt nicht zwei, die gleich ausschauen, alle sind sehr stilvoll und genau zum Typ passend, und vor allem passen die Paare immer zusammen. Von Steam-Western, „Major Gruber“, adretten Offizieren, Piraten, über den Maschinisten und die wagemutige Pilotin bis zum eleganten Frack, auch Dandy mit Strohhut mit entsprechendem Steam-Outfit dazu ist absolut alles in jeder Richtung vertreten, und nicht nur die Aussteller und Künstler tragen Kostüme, sondern auch viele der Besucher. Die Stimmung ist hervorragend, alle sind fröhlich, man schwätzt gut gelaunt miteinander, tauscht Klamottentipps und wo die besten Märkte für die Materialien zu finden sind.

Das Tollste aber daran ist: Es gibt keinerlei Altersgrenze. Schon die Kurzen tragen hinreißende Kostüme, bis zu den Ü-Siebzigern, die vor allem in grandiosen Zusammenstellungen flanieren. Männer wie Frauen halten sich die Waage in ihrer Begeisterung für diese Kunst-Epoche, die das Beste, Verspielteste und Interessanteste aus dem viktorianischen und wilhelminischen Zeitalter herausholt.

Die Künstler kamen bis aus den USA und sogar dem weit entfernten Chile. Von den Ausstellern dürften wir diejenigen mit der weitesten Anreise gewesen sein; manche wohnen nur wenige Gehminuten entfernt, die auch Mitglieder des Fördervereins für die Festung sind und dafür sorgen, dass diese tolle Location für solche Veranstaltungen weiterhin zur Verfügung steht.

Ich habe auch den Eindruck, dass das Festival gut besucht war, sogar am Sonntag ab 11 Uhr, obwohl da das Wetter nicht mehr so üppig war (immerhin hat’s so gut wie nicht geregnet), kamen schon die Familien hereinspaziert.

Am Montag ging es dann zurück bei Nieselregen, angekommen sind wir aber im besten Frühlingswetter. Die Fahrt war genau wie die Anreise auch völlig ruhig und staufrei; nur einmal waren wir etwas verwundert, als ich zur Tankstelle fuhr und anstehen musste, und dann fuhr auf einmal die Gaszapfstelle an mir vorbei … das war wohl nichts.

In einen sind wir sicher: Nächstes Mal reisen wir einen Tag früher an, um das entzückende Stade genauer in Augenschein zu nehmen und natürlich das Alte Land. Man hat uns zwar gewarnt, dass die Leute hier teilweise derb seien, aber das macht nix, Bayern sind das auch.

Fazit: Wir haben ein supertolles Wochenende verbracht, freuen uns schon riesig auf das SteamArt-Festival in Wilhelmshaven im Juli und sind nächstes Jahr beim Aethercircus bestimmt wieder mit dabei!