Ab 9:01 fällt die Schranke der Berichterstattung, und es wird Rezensionen hageln. Heißt: Ich werde ab da nicht mehr im Netz unterwegs sein.
Ob spoilerfrei oder nicht, ich will’s einfach nicht wissen, wie andere den Film sehen, den ich heute um 16:15 anschauen werde und damit eine Ära beende, die vor 42 Jahren begann. Unglaublich, etwas so lange durchzuhalten – und damit meine ich nicht die Filmemacher. Wenn etwas gut läuft, dann hält das durchaus Jahrzehnte. Dr. Who gibt es (nach einer Pause) heute noch. Die Simpsons feiern auch schon 30 Jahre und machen weiter.
Nein, ich rede von mir. Damals, als „Krieg der Sterne“ ins Kino kam, war ich gerade mal 16 Jahre alt. Im Fernsehen, in den Zeitungen, im Radio wurde darüber gesprochen, und natürlich in der Schule. Viele machten sich darüber lustig, weil so ein Science-Fiction-Abenteuer ja eigentlich was Kindisches und Albernes ist. Also echt, da verknallt sich ein jugendlicher Held in eine Prinzessin, die von einem Drachen namens Darth Vader bedroht wird, und will sie retten. Da gibt’s Raumschiff-Geballer und etwas Geheimnisvolles, das „die Macht“ heißt und einem Telepathie und Telekinese verleiht.
Star Trek und Raumpatrouille Orion kamen zwar zehn Jahre früher, und es verging keine Woche, in der ARD oder ZDF nicht einen SF-Film aus den 50ern in guter alter Schwarz-Weiß-Manier brachten, die abgesehen von „Der Tag, an dem die Erde stillstand“ mehr oder minder Gruselschocker waren mit immer demselben Ablauf – Damsel in Distress muss gerettettet und der Schauspieler in schlecht sitzendem Alienkostüm plattgehauen werden.
Aber irgendetwas an „Krieg der Sterne“ war anders, dass es in aller Munde war und nicht nur die Filmlandschaft und Zuschauer in Deutschland in Aufruhr brachte. Denn die Geschichte war zwar simpel – was nichts Schlechtes bedeuten muss -, aber herzergreifend, alle Typen an HeldInnen waren dabei, inklusive niedlicher Sidekicks in Form von zwei ewig streitenden Robotern. Der eine immer fröhlich, der andere immer besorgt und nörgelig. Ganz wichtig dabei und vermutlich einer der Gründe für die Bildung der Legende: Die Prinzessin war keine Damsel in Distress. Sie hatte es, da sie schon länger als Anführerin im Widerstand kämpfte, sogar noch mehr drauf als der jugendliche Held und der coole Abenteurer. Mit viel Mut, Unbedarftheit und jener auflockernden Art von Humor, die für Entspannung sorgt, bevor neue Spannung aufgebaut wird, stolpern die drei Protagonisten in der eigentlich inflationären Dreieckskonstellation durch das Szenario einer grauenvollen und mörderischen Diktatur und lassen sich durch nichts aufhalten oder gar in ihrem Glauben an das Gute erschüttern.
Die Geschichte verströmt Optimismus und dass das Gute am Ende siegen wird, auch wenn das Böse entkommt und nur ein Teilsieg errungen werden konnte.
Vor allem aber auch ist es eine Geschichte über Freundschaft, die vorbehaltlos ist und in der jeder sich auf den anderen verlassen kann. Einschließlich der Roboter und des Wookies. Sie sind die 5 Freunde, auch wenn sie zu sechst sind (3 Helden, 3 Sidekicks), denn sie stehen treu zueinander, egal was geschieht. Sie tun das, was getan werden muss, ohne viel Zaudern und Zagen.
„Krieg der Sterne“ ebnete den Boden für eine neue Ära Science-Fiction-Filme. Die Produzenten nahmen Geld in die Hand und gaben es auch aus. Nicht nur, dass mit „Das Imperium schlägt zurück“ der beste Film der Reihe auf eine bedeutend ernsthaftere Weise zurückkehrte und neben der Freundschaft die Familiensaga in Gang brachte, Meilensteine wie „Alien“ und „Terminator“ setzten weitere Markierungspunkte, die die Ansprüche wachsen ließen – und die Begeisterung. Mit den Jahrzehnten kamen Filme zu Games und, kaum zu glauben, die Superhelden, sonst im Nachmittagsprogramm im TV, auf die große Leinwand.
Aber zurück zu mir. Auch in mir hat 1977 der Film eine Menge bewegt und mir gezeigt, dass andere genauso Fantastereien und Träume hatten wie ich. Ich wurde entführt in ferne Welten, sah opulente Bilder mitten im Universum, begegnete fremden Wesen und erlebte rasante Abenteuer. Egal wie enttäuscht ich von dem damaligen Teil 3 war und wie grottig ich „Episode I-III“ empfand, ich war immer im Kino, wenn es losging, und ich war jedes Mal wieder 16, wenn der Musikbombast, der Titel und die Textrolle einsetzt. Ich habe jetzt schon Gänsehaut und fast Tränen in den Augen.
Ich werde heute zum letzten Mal dieses Empfinden haben, und darauf freue ich mich ganz besonders.