Vincent-Preis für Alisha Bionda


Alisha Bionda, Reihen- und Anthologie-Herausgeberin und Autorin bei Fabylon, hat den Sonderpreis des Vincent Preis 2011 für die Förderung junger Autoren und der phantastischen Literatur im Allgemeinen erhalten.
Darüber freuen wir uns sehr und gratulieren herzlich!

JA zum Urheberrecht

Die Initiative wurde im Februar 2011 aus aktuellem Anlass gegründet.


Die Initiative JA zum Urheberrecht steht für:
– die Anerkennung und den Schutz des geistigen Eigentums, weltweit
– den Schutz des Urheberrechtes nicht zuletzt auch als Persönlichkeitsrecht
– gegenseitiges Wohlverhalten zwischen Kulturschaffenden, Kulturnutzern und der Politik
– faire Anpassung der Nutzungsrechte in der digitalen Welt unter demokratischen Prinzipien und Wahrung der Urheberrechte
– Anerkennung und Honorierung der Leistungen der Kulturschaffenden

 

Comic: Siegfried I-III (Alex Alice)

Der dritte Teil ist endlich, endlich, endlich eingetroffen nach langer Wartezeit. Aber jetzt ist sie komplett, die Siegfried-Trilogie. „Geboren aus den Wikingersagen und der Musik von Richard Wagner“ heißt es dazu – und genau so ist es.
Die Nibelungensaga, grandios neu erzählt und nach Wagners Oper interpretiert. Und es ist dem Künstler – der Text und Zeichnungen gestaltet hat – tatsächlich gelungen, eine Oper aufs Papier zu bannen, man hört förmlich die Musik, und jedes Bild ist eine eigene Komposition. Gleichzeitig ist es aber auch ein Sketchboard zum Film, der beim Blättern vor einem abläuft. Erzählt wird die Geschichte von Siegfrieds Geburt bis zu Brunhildes Befreiung nach der Tötung Fafnirs.
Es findet sich darin alles, was muss – Verrat, Intrigen, Liebe, Hass, Gier, Ehre und Stolz – verpackt in eine spannende Geschichte voller Verwicklungen, Irrfahrten, seelischer Abgründe und philosophischer Betrachtungen. Genau so, wie eine nordische Sage erzählt werden muss. Die Charaktere sind sehr tiefgründig, die optische Umsetzung der romantischen, tragischen und dramatischen Geschichte grandios, die Texte poetisch.
Ab dem ersten Band völlig begeistert, hält sich diese meine Euphorie bis zum Schluss. Einzigartig!

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand (Jonas Jonasson)

Allan Karlsson ist gerade eben 100 Jahre alt geworden, und alle wollen das große Ereignis feiern. Außer ihm, und das hat seinen guten Grund. Allan haut aus zwei Gründen aus dem Altersheim ab: Erstens, weil er im ewigen Streit mit Schwester Alice liegt, und zweitens, weil es dort keinen Schnaps gibt. Das hat er selbst im Gulag nur ein paar Jahre ausgehalten. Er klettert also aus dem Fenster, was ein wenig mühsam, aber dennoch machbar ist, und macht sich auf den Weg. Fragt am Busbahnhof, wie weit er mit dem verfügbaren Geld fahren kann, klaut jemandem, der gerade dringend aufs Örtchen muss, seinen Koffer und setzt damit Ereignisse in Gang, die so überhaupt nicht vorhersehbar sind – wie sein ganzes Leben.

Ein außergewöhnliches Roadmovie aus Schweden und zum Brüllen komisch. Allan findet unterwegs neue Freunde, die ihn begleiten, muss ein paar Leute umlegen, weil die den Koffer zurückhaben wollen (aber das sind wirklich schlimme Finger), und kommt dann in einem weit entfernten Land zur Ruhe und zum Glück seines Lebens. Der Elefant auf dem Cover spielt auch eine Rolle.
Neben der aktuellen Verfolgungsjagd von Gangstern und Polizei rollt sich nach und nach Allans Jahrhundertleben auf, und wir erhalten endlich die Erklärungen, warum die USA die Atombombe fertig kriegten, Stalin aber nicht (allerdings sein Nachfolger), warum Mao seinen Siegeszug halten konnte, warum Churchill nicht in die Luft geflogen ist, wie der Kalte Krieg beendet wurde, und wieso Nixon an Watergate scheiterte.
Es lag alles am Schnaps und Allans Chuzpe, zufällig immer dort zu sein, wo er selbigen – den Schnaps – vermutete, und wo sein Sprachtalent und sein Wissen als Sprengstoffexperte (er kann sehr gut alles hochjagen, einschließlich zuletzt sein eigenes Haus) gefragt war. Allan zeichnet sich als unerschütterlicher Optimist aus, der selbst die schlimmsten Entbehrungen noch mit Witz und Charme überstehen und ihnen etwas Positives abgewinnen kann (solange es Schnaps gibt).
Ein Panorama der Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, wie man es so noch nie erlebt hat, und ein urkomisches Abenteuer, das zu Recht zum Bestseller wurde und das hoffentlich bald verfilmt wird (aber bitte in europäischer Gemeinschaftsarbeit, weil diese Sicht der Dinge einfach anders ist als jene durch amerikanische Augen).
So viel Lesevergnügen und Pageturner hatte ich schon lange nicht mehr. Dank an die großartige Übersetzung.

Auf eine Mail im April

Im Zauberspiegel-Online ist soeben die monatliche Kolumne „Auf eine Mail“ von Andi Wolz mit mir erschienen. Wir reden über Lynchjustiz und den Umgang mit Kritiken.

Rezension zum „Engelseher“

Der Engelseher

Carsten Kuhr hat auf den phantastiknews.de eine tolle Rezension zu Laura Flöters „Der Engelseher“ verfasst, die, wie ich finde, genau den Kern der Geschichte trifft – ich persönlich kann seinem Fazit nur voll und ganz zustimmen.
„Insgesamt ein schöner, poetischer Roman für Fans von etwas gehaltvolleren Engelsromanen.“

Grass ist krass

Jan Fleischhauer findet auf SPON deutliche Worte zu Grass‘ „Gedicht“, das in der SZ, La Reppublica und der New York Times veröffentlicht wurde. Wozu? Kann man nur vermuten, wie Jan Fleischhauer auch; ich könnte mir vorstellen, dass da jemand unbedingt ins Gespräch kommen will, weil er vielleicht das Gefühl hat, ihn nimmt keiner mehr wahr. Na ja, aber das könnte man nun wirklich intelligenter und krisenbezogener machen anstatt Stammtischgemaule zur Literatur zu erklären.
Ich versteh übrigens nichts von Gedichten oder gar Lyrik (weil die ganzen Regeln und Rhythmen sehr kompliziert sind), aber dass ein Satz, den man einfach mittendrin durch eine neue Zeile trennt, ganz bestimmt kein Gedicht ist, weiß sogar ich. (Die Wortwahl ist dürftig, ein Sprachrhythmus, -klang oder sogar -melodie nicht vorhanden. Versucht mal, das laut zu lesen. Schauderhaft.) Und das ist nicht nur kein Gedicht, sondern nicht mal gut geschrieben. Was noch verzeihlich wäre, wenn es denn wenigstens von ehrlichen Emotionen getragen wäre.
Si tacuisses und so weiter.

Nachtrag: Grass hat sich abends in den Tagesthemen geäußert, und irgendwie, es tut mir leid, liebe Leute, kann ich das ständige Opfergejammere nicht mehr hören. Alle, die plötzlich im Brennpunkt stehen – berechtigterweise, wie Wulff und Guttenberg – stellen sich selbst als leidendes, verfolgtes Opfer dar, das von Volk und Medien und überhaupt allen unverstanden ist. Also bitte, seid ihr Männer oder Memmen? Erst Maul aufreißen und dann Schwanz einkneifen? Gerade Grass hätte gestern abend – ich meine, hallo, ARD und ZDF gewähren ihm Zeit zum Reden! Wer bekommt schon so eine Gelegenheit! – ganz genau die Debatte dorthin lenken können, wo sie hingehört: Zum THEMA! Wie wär’s zuzugeben, dass das Stück Geschreibsel, was man da abgeliefert hat, wirklich keine großartige Literatur war, weil man den Fehler begangen hat, impulsiv zu schreiben und hinterher nicht mehr nachzuschauen, was man da überhaupt verfasst hat? Wenn etwas „gesagt werden muss“, dann bitte auch wohlformuliert und ausgefeilt, ist Herr Grass nun Literat oder nicht? Oder doch nur einer, der sich als schreibender Politiker verdingt? Grass hätte gestern abend anprangern können, dass man mehr ihn angegriffen hat als auf das Thema einzugehen, das er angesprochen hat. Hat er sich darüber ausgelassen, wie Italien und die USA öffentlich darauf reagiert haben, „was gesagt werden muss“? Da kam wohl eher wenig bis nix, scheint mir. Das ist schon ziemlich dürftig, oder? Ein „Tabubruch“ ist normalerweise Anlass zu einem Skandal. Wo ist denn der? Da wird man weltweit in den größten Tageszeitungen publiziert und glaubt, mordsmäßig Staub aufzuwirbeln, aber Fehlanzeige!
Wenn man als Literat etwas bewegen will, muss man nicht nur das richtige Thema finden, sondern mit seinen Worten aufrütteln, nachdenklich machen, berühren. Das ist Grass nicht gelungen, und dafür macht er alle anderen verantwortlich. Alle anderen sind schuld – welch ein schiefes Weltbild von mangelnder Selbstkritik.
Henryk M. Broder hat in der Welt Online einen Artikel zu dem Auftritt veröffentlicht, dem ich nicht insgesamt zustimmen kann (also das mit dem Antisemitismus, sorry, halte ich schon für arg weit hergeholt und als Argumentation ausgelutscht, den kann ich in dem „Gedicht“ nicht erkennen), aber in weiten Teilen. Ein schönes Zitat muss ich jetzt trotzdem bringen, weil es das Literarische betrifft, worauf es mir ankommt: „Die maßlose Selbstüberschätzung beginnt schon damit, dass er einen Leserbrief als ein „Gedicht“ präsentiert, nur weil er die Zeilen so arrangiert hat, dass sie aus der Ferne einem Poem ähnlich sehen.“
(Das mit dem Leserbrief ist schon ein bissl g’schert.)
Ich bleibe dabei: Wenn „etwas gesagt werden muss“, dann bitte mit den richtigen Worten und mit der richtigen literarischen Zuordnung. Das Traurige ist: Das Thema, das uns schließlich alle angeht und uns bewusst machen sollte, dass die Welt wieder einmal am Rande eines Krieges steht (angedroht durch eine Atommacht!), ist dabei völlig verloren gegangen.
Zum Artikel

Gut. Noch ein Nachtrag, und dann ist Schluss, gerade fängt der Ostersonntag an. Neben dem sehr harschen (wie ich finde allzu harschen) Rolf Hochhuth hat sich auch Marcel Reich-Ranicki nun zu Wort gemeldet, und ein paar ausländische Meinungen stehen auch mit dabei. Nachdem Grass inzwischen zurückgerudert ist, soll es auch gut damit sein.
SPON

Die Anerkennung eines Künstlers

Sascha Lobo hält auf Spiegel Online eine sehr schöne Brandrede über den Status der Künstler allgemein. Ich kann ihm nur zustimmen, mein Leben lang höre ich: „Warum machst du nicht mal was G’scheits?“, „Wieso schreibst du nicht so wie die Rowling und bringst sowas raus?“, „Oh, du schaust schlecht aus, was hast du?“ – „Viel gearbeitet.“ – „Oh, ja was denn?“ – „Hab geschrieben.“ – „Ach so.“, „Ja und das betreiben Sie dann als Hobby, oder was? Weil ich kenn Ihren Namen nicht.“, „Ach ja, das Schreiben, das ist ja nicht so schwer. Ich bin auch gerade dabei, meine Lebensgeschichte aufzuschreiben, weil ich nämlich viel zu erzählen habe. Da können Sie mir sicher ein paar [gratis-]Tipps geben. „, „Sag mal, du schreibst doch auch. Ich habe da (ich kenne da jemanden, der hat) was geschrieben, das kannst du dir doch mal anschauen und sagen, was falsch ist. [bitte mach ein intensives Coaching, aber selbstverständlich gratis]“, „Wie geht das eigentlich mit dem Schreiben? Was muss ich machen? [und bitte die Antwort schön ausführlich und schön gratis]“ (usw.)
Genau hier, beim Status des Künstlers, beginnt die Urheberrechtsdebatte.
Ich würde gern ein paar hervorragende Zitate aus Lobos Artikel bringen, aber aufgrund des „Perlentaucher“-Urteils, bei dem FAZ und SZ den Sieg über das Rezensions-Zitier“verbot“ davongetragen haben, lasse ich das lieber bleiben.