Das Ende von 2020

Lockdown über Weihnachten bedeutete für Uschi: Alles wie seit März. Meine Freundes-Sozialkontakte dieses Jahr kann ich an einer Hand abzählen. Verreist sind wir einmal, für 4 Tage an den Gardasee, weil ich nicht stornieren konnte und es mir um das Geld leidtat. (Und es war wundervoll.) Abgesehen von diesen Ausnahmen, Einkäufen und, seufz, ein paar Wochen auch Tierärzten, bin ich seit März nur zu Hause. Es ändert sich also auch jetzt mit dem neuen Lockdown (der sicher bis mindestens Ende Januar verlängert werden wird) nichts, alles wie gehabt. Bis auf eine Palette Holzbriketts, die ich am Dienstag vor dem Lockdown noch in aller Hektik kaufen musste und tatsächlich auch bekam, ohne niedergetrampelt zu werden von anderen hektischen Leuten. Denn heizen möcht‘ schon sein.

Manchmal wurde es mir zu viel, manchmal fühlte ich mich eingeengt, eingesperrt, nicht mehr frei genug, einsam.
Es sind auch Freundschaften zerbrochen.

Nach einer solchen weinerlichen Minute aber schämte ich mich für meinen Egoismus. Ich bin dankbar, dass ich alles habe, was ich brauche – meine Arbeit, meine Versorgung, mein Dach über dem Kopf, Heizung (dank Hektik am Dienstag …), und vor allem:
KEIN CORONA.

Und nein, dies ist kein Scheißjahr gewesen. Es ist durch die Pandemie ein ungewöhnliches, ja krasses Jahr gewesen, das sicherlich so manchen über Gebühr belastet hat (und ich rede hier nicht von dem Medizin-Bereich, wo die Menschen zum Hohn nicht mal eine saftige Gehaltserhöhung bekommen haben, sondern Beifall und Plätzchen, wofür man sich nur fremdschämen kann – nein, lieber pumpen wir der Lufthansa und der Autoindustrie kräftig was rein) und Familiengewalt verschlimmert hat. Aber diese Dinge treten sonst auch auf und die Betroffenen werden zumeist alleingelassen. Hauptsächlich Frauen, die sich sagen lassen müssen, wenn sie sich von ihrem Partner trennen, müssen sie halt damit rechnen, dass er sie umbringen will. Oder dass der Masseur sie vergewaltigt, weil das kommt in der Branche halt vor. Angesichts solcher heutzutage unvorstellbaren Gerichtsverfahren erkennt man, dass wir von Gleichberechtigung und Gleichstellung der Frau noch Lichtjahre entfernt sind – eher, habe ich den Eindruck, nimmt das patriarchalische System wieder zu, sehe ich da etwa die arrogante, herablassende Hackfresse eines alten weißen Sacks wie Friedrich Merz vor mir, der noch dazu als Millionär sowieso jegliche Bodenhaftung verloren hat. Aber der entstammt ja auch der Nachkriegsgeneration, wo Frauen Benimm- und Verhaltensbücher lesen mussten und die Söhne wie Kronprinzen alles in den Arsch geblasen bekommen haben, ohne auch nur einen Finger krumm machen zu müssen. Und die wollen unser Land künftig regieren, da möchte man nur noch kündigen. DAS ist scheiße. Denn es versaut uns die Zukunft.

Die Pandemie tut das nicht. Die gibt uns eine Chance. Die wir natürlich nicht nutzen und nicht mal dann akzeptieren, wenn Wochen nach einer „Hygiene“-Demo ohne Gesichtsschutz an dem Ort die Leute reihenweise sterben wie die Fliegen, sondern weiter leugnen und lieber über Kinderblut und Diktatur lamentieren. Das hat das meiste Fremdschäm-Potential und ist der blanke Hohn vor allem denjenigen gegenüber, die nicht so privilegiert sind wie wir Deutschen und elend und einsam in der Pandemie sterben müssen.

Es war ein Jahr, in dem wir lernen mussten, dass wir keineswegs die Krone der Schöpfung sind, sondern nur kleine schwache sterbliche Würstchen, denen die Natur eins reinsemmeln kann, wann immer es ihr beliebt.
(Dass wir nichts aus der Lektion machen werden, ist ein anderes Thema.)

Aber alles andere ist genauso wie in all den Jahren zuvor. Es gab und gibt immer Höhen und Tiefen, Existenzangst, Ärger, Schmerzen und Kummer, es gab und gibt immer Verluste.
Ich hatte in den sechs Jahrzehnten meines Lebens schon viele Jahre, die ein schrecklicher Albtraum waren und die ich noch nicht vollends verarbeitet habe und wahrscheinlich auch nie werde. Echte Scheißjahre.
Dieses Jahr aber gehört definitiv nicht dazu.
Denn:
KEIN CORONA.

Wir sollten ein bisschen bescheidener und vor allem dankbar sein, wie gut es uns geht, solange wir einfach gesund bleiben. Alle anderen Probleme können uns früher oder später immer betreffen. Aber das ist kein Hindernis, das zu akzeptieren, was sein muss – sich verdammt nochmal zusammenzureißen, mitzumachen und solidarisch zu sein -, denn es ist nur auf Zeit, und nichts läuft uns weg.
Diese Krise zeigt uns, wo unsere Stärken und unsere Schwächen liegen. Lassen wir die ganzen Deppen außen vor, regen wir uns über die nicht mehr auf, sondern sorgen wir dafür, dass unsere Basis stabil bleibt. Es liegt an jedem Einzelnen von uns, uns gegenseitig zu unterstützen, uns Mut und Trost zuzusprechen.
Seien wir füreinander da.

In diesem Sinne, kommt alle gut ins neue Jahr, bleibt gesund, jammert nicht, sondern steht auf, richtet die Krone gerade und macht weiter.

Wir lesen uns.

2 Antworten auf „Das Ende von 2020“

  1. Liebe Karin, ich habe mir fest vorgenommen, wieder mehr im Blog zu schreiben! Ich wünsche dir auch alles Gute und einen guten Start ins neue Jahr, und ich freue mich auf Garching!!

  2. Danke Uschi, für Deine Ausführungen. Ich stimme Dir zu und es hat gut getan, wieder von Dir zu lesen. Das hätte ich gerne öfter!
    Alles Gute und ich hoffe auf ein Wiedersehen in Garching.
    Karin

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