„Pay the Writer!“ – Harlan Ellison

Harlan Ellison gibt in der Dokumentation über ihn „Dreams with sharp Teeth“ ein grandioses Statement dazu ab, dass seltsamerweise jeder Mensch auf der Welt für seine Arbeit Geld bekommt, bekommen will, verlangt – nur der Autor soll nichts erhalten und alles nur für Ruhm und Ehre machen. Klare, deutliche, unverschnörkelte Worte, endlich sagt es jemand laut, und hoffentlich hören es ganz viele. Ich jedenfalls werde das hier brennen und in Zukunft jedem vorspielen, der mir mit „dafür wollen Sie ja bestimmt kein Geld“ kommen will. Hut ab und Chapeau!
Pay the writer

Pensionsansprüche

In diesem Zusammenhang ist die „Ruhegehalts“frage sicherlich nicht uninteressant. Staatsbedienstete bekommen ja zu ihrer Rente eine Pension dazu, und wenn man lange genug durchgehalten hat, speziell in Ministerämtern, kommt da schon einiges zusammen. NTV gibt hier eine schöne Aufstellung, mit der Info über den Bundespräsidenten als letztes Blatt.
Das Amt an sich lohnt sich durchaus, allerdings muss man vier Jahre durchhalten. Das hätte Herr Buprä Wulff sich vielleicht vorher überlegen müssen – nunmehr wird eine Strafanzeige geprüft, und das ist ja wohl für das Amt des Staatsoberhaupts untragbar.

Und hier auch gleich die Abgeordnetenansprüche – der Artikel ist zwar von 2008, aber so ungefähr gilt er immer noch, weil die ursprünglich geplante Erhöhung zurückgenommen wurde.

Das Scheißleben meines Vaters … (Andreas Altmann)

Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend. Der Titel sagt schon alles aus. Andreas Altmann wird dieses Jahr 63, und dennoch musste diese verstörende Geschichte aus ihm raus. Kaum zu glauben, wie viel Zorn und Hass nach so vielen Jahrzehnten noch in ihm stecken, obwohl er in seiner unterlegenen Hilflosigkeit sich selbst nie aufgegeben und letztendlich seinem Vater immer die Stirn geboten hat. Die Sprache ist dicht und direkt, schnörkellos und genau auf den Punkt gebracht; so sehr, dass man glaubt, mit dabei zu sein; und dabei hat Altmann noch nicht einmal alles beschrieben und schon gar nicht bis ins Detail. Was zeigt, dass alles noch viel schlimmer gewesen sein muss, und dass jeder Tag so lange wie ein Jahr gewesen sein muss, diese Kindheit zu durchstehen. (Und zu durchhungern, man stelle sich vor – nicht einmal genug zu essen gibt es, obwohl alles in Hülle und Fülle vorhanden ist.) Er hat es durchgestanden, und warum er jetzt erst darüber spricht, hat vermutlich den Grund, dass er zwar sozusagen „abrechnet“, dies aber nunmehr aus einer gewissen Distanz tut. Vor allem aber, denke ich mal, will er den Missbrauch anprangern und in Erweiterung eine Religion, deren weltlicher Träger, die Kirche, all das in Bigotterie und Scheinheiligkeit zulässt. Und nicht nur das: Zu Beginn seiner Schulzeit sind Prügel von Lehrern völlig normal. Aber später dann, als er älter war und die Lehrer angewiesen waren, auf die Schüler einzugehen – da hätte, und nicht nur in der Schule, auffallen müssen, was dem Kind angetan wird (schließlich gab es ja genug Faustschläge ins Gesicht), aber es hat niemanden interessiert. Wäre ja ein Skandal, und „so schlimm wird es schon nicht sein, und vermutlich hat es der Junge nicht anders verdient“. Und so weiter. Man mischt sich da nicht ein, erst recht nicht bei einem derart angesehenen und wichtigen Mann des Ortes, der mit Devotionalien handelt. Altmann erzählt offen über das Trauma seiner Jugend, und ich hoffe, dass er vielen damit helfen kann, selbst zu bewältigen und sich selbst zu befreien, wie es ihm (zumindest zum Teil, ich kann mir nicht vorstellen, dass man so etwas jemals vollständig überwinden kann) gelungen ist. Wichtig ist, und ich denke, das ist Altmanns Botschaft, dass man mit sich selbst Frieden schließt und sich mit sich selbst versöhnt, um ins Reine zu kommen, beziehungsweise die Entscheidung trifft, mit dem anderen niemals versöhnt zu sein, abseits aller religiösen Forderungen. Denn manchmal kann man einfach nicht vergeben, und genau das ist es eben: man muss es auch nicht. Das ist eine ganz persönliche Entscheidung, auf die keine Religion und keine Gesellschaft Einfluss haben darf.

Der Wolkenatlas (David Mitchell)

Für mich (leider zeitlich Wenigleser) eines der besten Bücher der letzten Jahre. Der Wolkenatlas ist ein Episodenroman mit verschiedenen Charakteren, die eigentlich nur über ein besonderes Muttermal miteinander verbunden sind, dessen Hintergrund aber gar nicht geklärt wird. Es werden auch weitere Verbindungen geschaffen, die aber mehr lockerer Art sind und keinen inneren Zusammenhang haben – ein Protagonist einer anderen Ebene findet das Reisetagebuch, ein Verleger spricht über einen Thriller … letztendlich, das begreift man, sind es nur Geschichten, die … wer erzählt? Diejenigen, die sie erleben oder erfinden, oder jemand anderer?
Über die Jahrhunderte hinweg erzählen die Figuren ihre Geschichte, angefangen bei dem Reisetagebuch eines Forschers des 19. Jahrhunderts bis zu den Erlebnissen eines Hirten auf einem Hawaii der Zukunft, in der es um die Menschheit nicht sonderlich gut bestellt ist. Allen Episoden ist gemeinsam, dass die Erzähler um ihre Identität und Eigenverantwortlichkeit kämpfen. Bis zur Hälfte des Bandes werden die Geschichten begonnen und mittendrin abgebrochen, danach werden sie fortgeführt und beendet. Die Episoden könnten dabei unterschiedlicher nicht sein, vom Öko-Thriller bis zur Science Fiction ist alles drin. Das Faszinierende daran aber ist die Sprache, denn jede Geschichte hat ihre ganz eigene Stilistik. Vom Antiquierten des Forschungsreisenden bis zum primitiven Neusprech des Hawaiianers, Mitchell hält es konsequent durch und schafft so ein außergewöhnliches Stück Literatur. Wenn man sich erst mal darauf eingelassen hat, ist es ein absoluter Pageturner. Angeblich wird eine Verfilmung angestrebt, da bin ich sehr gespannt, wie das gelingen soll … und hoffentlich wird.