Der Niedergang eines Science-Fiction-Magazins

Ich habe vor vielen Jahren bei NOVA eine Story publiziert, in einer Ausgabe, die mal nur von Frauen bestritten werden sollte, weil die damaligen Herren Herausgeber zu Recht der Ansicht waren, dass sie zu wenige Frauenbeiträge hätten. So kam also eine Ausschreibung, und erotisch sollte es auch sein.

(Offtopic: Die Geschichte war schnell geschrieben und macht mir heute noch Spaß. In den nächsten Jahren werde ich meine SF-Storys mal in einem Sammelband herausgeben. Ich weiß, das liest sowieso keiner, aber es ist doch schön, auch mal selbst einen Sammelband in Händen zu halten 😉 )

Damals waren die Zeiten noch in Ordnung. Es gab keine Scheißnazipartei, die sich als „Alternative“ darstellt, die SF war eher linkslastig mit vielen Urgesteinen, die stets streitbar waren und gern kritische Texte veröffentlichten.

Heute hat sich das geändert. Heute wurde der Journalist Dirk Alt, der regelmäßig in einem – verharmlosend gesagt – rechtsorientierten Organ wie „Sezession“ publiziert und gewisse Vorträge auf gewissen Veranstaltungen hält, in die Herausgeberschaft des Magazins NOVA berufen. Und nicht nur das, als diese Berufung auf Kritik stieß, wurde er sehr heftig von dem wohl demnächst ausscheidenden Herausgeber Michael K. Iwoleit verteidigt.

Bei dieser öffentlichen Diskussion wurde Herr Iwoleit nicht nur ausfällig, sondern vertrat auch Thesen, die vom Vokabular und „Diskussions“stil her auffällig an die blaubraune Partei erinnern.

Darauf muss ich als Verlegerin reagieren. Die Einstellung jedes Einzelnen ist seine Privatsache – so lange, bis er sie öffentlich macht, und das auch noch in publizistischer Eigenschaft, u.a. als Autor und Herausgeber.

Wer mich kennt weiß, dass ich absolut keine Toleranz gegenüber Neonazis, AfD-Anhängern und ihren Mitläufern habe. Ein Scheißnazi (egal ob nun Parteimitglied oder nur Mitläufer) zu sein ist keine Meinung, das ist eine politische Haltung, die antidemokratisch und demokratiefeindlich, rassistisch, ausländerfeindlich, misogynistisch, totalitär, diktatorisch, unsozial, antihumanistisch und gewaltbereit ist. Ich rede mit solchen Leuten auch schon lange nicht mehr, ich schließe sie aus. Und zwar sofort und ohne Wenn und Aber.

Insofern habe ich gestern per Mail die Kündigung des Fabylon-Verlags an den Autor geschickt, dass seine beiden Titel „Psyhack“ und „Der Moloch“ bei Fabylon sofort aus dem Verkauf genommen werden. Von der Verlagshomepage sind sie bereits entfernt.

Es ist nicht das erste Mal, bereits bei Thomas Wawerka musste ich vor Jahren so handeln, als er bei Pegida/Legida nicht nur mitging, sondern dort prominent auch Vorträge/Predigten hielt.

Als Verlegerin des Fabylon Verlags und als Mensch distanziere ich mich ausdrücklich von dem ehemaligen Verlags-Autor Michael K. Iwoleit.

19 Antworten auf „Der Niedergang eines Science-Fiction-Magazins“

  1. Lieber Martin, vielen Dank für diese Perspektive.
    Das ist auch sehr bedenkenswert, und tatsächlich sollte man Werk und Autor trennen. Das habe ich selbstverständlich bedacht und Michael Iwoleit auch in früheren Jahren stets verteidigt; er war seit 2004 bei mir unter Vertrag.
    Hier geht es aber nicht um den Autor, sondern um den Herausgeber, der einen Nachfolger designiert und mit allen Mitteln verteidigt hat, der eindeutig der extremrechten Szene zugehörig ist. Hier muss ich eine Trennlinie setzen, da ich, wie bereits mehrfach gesagt, meinen Verlag schützen muss. Michael Iwoleit hat sich geweigert, Dirk Alt als das zu sehen, was er ist und selbst nach vorgelegten Belegen diese weiterhin geleugnet.
    Michael Iwoleit hat als Herausgeber gehandelt und agiert, das ist öffentlich, und ich kann in diesem extremen Fall den Autor nicht vom Herausgeber trennen.

  2. Vorweg: Ich halte es für eine legitime Entscheidung, wenn eine Verlegerin einen Schriftsteller aus dem Verlagsprogramm beseitigt oder nicht aufnimmt, wenn sie mit seinem politischen Auffassungen oder seinem Auftreten in der Öffentlichkeit nicht einverstanden ist.

    Was mich aber doch etwas umtreibt: Sowohl die allgemeine als auch die Genre-Literatur sind reich an Schriftstellern, die in politischer oder privater Hinsicht anstößig wirken. Um zwei Beispiele aus der fantastischen Literatur zu wählen: Jorge Luis Borges hat, zu seinem späteren Bedauern, die faschistische argentinische Militärdiktatur begrüßt. Einer seiner bedeutendsten deutschen Übersetzer, Gisbert Haefs, hat sich seit den 1990er Jahren immer wieder sehr deutlich gegen den damaligen Gegenwartsfeminismus geäußert (wobei ich keinen Grund zur Annahme habe, dass Haefs keine anständige männliche Suffragette ist) und viele kulturkritische Positionen vertreten, die mit Sicherheit einige Familienähnlichkeiten zum Ressentiment im rechten Meinungsspektrum haben.

    Sollte man Borges und Haefs aus den Verlagsprogrammen beseitigen?

    Wie eingangs erwähnt: Ich bin ein Freund der Vertragsfreiheit im Rahmen unserer Verfassung und würde Ihre Entscheidung, Frau Zietsch, in dieser Hinsicht auch nicht angreifen.

    Aber Sie haben Michael Iwoleit doch offenbar vor noch nicht allzu langer Zeit als Genre-Autor für würdig erachtet, in Ihr Verlagsprogramm aufgenommen zu werden. Selbst wenn er kein Borges ist und vielleicht noch nicht einmal ein Haefs: Wie halten Sie es denn mit der ästhetischen Qualität und Autonomie von Iwoleits Werken? Wie also mit der Fähigkeit und dem Recht von Leserinnen und Lesern, aus der Lektüre selbst zu ziehen, was sie aus ihr ziehen können und wollen?
    War diese Werkautonomie anlässlich der Publikation der jetzt aus dem Verkehr gezogenen Titel für Sie kein Wert an sich, den Sie hätten verteidigen können – oder ist die ästhetische Autonomie von Iwoleits Werken in dem Augenblick verloren gegangen, in dem er sich für den falschen NOVA-Nachfolger entschieden hat bzw. in grantiger Weise seine Wahl rechtfertigte?

    Mir ist, offen gestanden, nicht besonders wohl dabei, wenn eine Verlegerin oder ein Verleger kein öffentliches Wort für diese Seite ihrer oder seiner Autoren übrig hat, das die Verteidigung eines Werks auch vor seinem Verfasser – so er politisch oder moralisch fehlgeht – betrifft.

    (Auch wenn das meine Argumentation bzw. Fragen eigentlich nicht berührt: Ich war in jungen Jahren Mitglied einer parteiübergreifenden antifaschistischen Initiative, habe als 18-Jähriger böse Briefe samt Todeswünschen von alten SS-Leuten erhalten & war später in der Flüchtlingsarbeit aktiv, als das noch deutlich weniger populär war als heute.)

  3. Eben. Die Details waren nicht bekannt, deswegen ist es müßig, daraus einen Vorwurf zu konstruieren. Und die Verteidigung einer fachlichen Arbeit ist fehl am Platz, wenn genau diese Arbeit anhand vorliegender, nicht minder fachlicher Analysen bedenkliche rechtsorientierte Tendenzen enthält. Das ist alles genau dort nachzulesen, wo Michael Iwoleit verteidigt hat.
    Ich habe hinreichend begründet, was mich zu diesem Schritt bewogen hat, dazu gibt es nichts zu wiederholen.

    Mein vehementes „Scheißnazis“ als derbe Wortwahl darf man durchaus kritisieren. Dazu stehe ich, und dabei bleibe ich. Ich benutze das absolut pauschalisierend und polemisierend der gesamten AfD- und sonstigen Extremrechten gegenüber und spreche damit niemanden persönlich an, da stehen auch keine Namen dabei. Das ist meine allgemeine Haltung und Einstellung.
    Es diente lediglich der Verdeutlichung, was ich von Leuten halte, die auf subtile Weise Einzug in anderen als rechtsextremen Publikationen halten wollen. Im passenden Thread stehen dazu die Erläuterungen, auf welche Weise dieser Artikel genau in diese Richtung zielt.
    Und damit muss sich ein Herausgeber kritisch auseinandersetzen und reflektieren, ob ihm das gefällt oder nicht. Und das am besten, bevor er sich öffentlich darüber auslässt – oder zumindest erst mal auf sachliche Weise nachhakt, wie man auf die Annahmen kommt.

  4. Okay, das mit dem Vorschuss habe ich, da die Details ja nicht öffentlich sind, nicht gewusst. Sorry. Ich bleibe aber dabei, dass diese Art der Sanktionierung ungute Traditionen hat (die eigentlich jedermann bekannt sein sollten). Michael hat die fachliche Arbeit seines Kollegen verteidigt, das ist nur sein Recht, sondern sogar seine Pflicht. Über die Wortwahl kann man streiten, über die im obigen Beitrag jedoch auch.

  5. Ich entziehe ihm seine Einkommensmöglichkeit keineswegs. Obwohl die Details niemanden etwas angehen, sei hier angemerkt, dass Michael Iwoleit einen für einen kleinen Kleinverlag sehr guten Vorschuss erhalten hat, der bisher erst zu einem Bruchteil (im niedrigen zweistelligen Bereich als Autorenanteil) hereingekommen ist. In dem Fall hat der Verlag draufgezahlt (plus der Werbeaktionen und Anzeigen und Herstellungs- und Vertriebskosten), nicht der Autor.
    Ein weiteres Buch war von ihm nicht Planung, auch da wurde nichts entzogen.
    Außerdem hat Herr Iwoleit auch bei anderen Verlagen publiziert und wird es in Zukunft tun. Er war nie an Fabylon gebunden, da gab es keine gegenseitige Pflicht.
    Also bitte vorsichtig sein mit Anschuldigungen in dieser Richtung, die jeglicher Grundlage entbehren, wenn man keinerlei Hintergründe kennt!

  6. Ich habe den Text von Dirk Alt nicht gelesen, aber ich kenne Michael Iwoleit und weiß, dass eher ein Linker ist und der AfD sehr fern steht.

    Unter dieser Prämisse finde ich es mehr als nur problematisch (und das istnoch der höflichste Ausdruck) einem gesundheitlich angeschlagenen Kollegen die Einkommensmöglichkeiten zu entziehen. Derartiges hat finstere Vorbilder und ich wundere mich, dass das außer Mark niemandem auffällt.

  7. Uschi, habe ich dir schon gesagt, dass ich dich liebe! 😉
    Spaß beiseite – ich freue mich immer zu sehen, dass es noch Menschen gibt, die nicht nur eine klare politische Haltung haben sondern diese auch zu äußern wagen! Auch und gerade dann, wenn es eventuell wirtschaftliche Konsequenzen haben könnte.
    Keine Millimeter Zurückweichen gegen Rechts! Das ist und muss die Devise bleiben. Das braune Gesocks ist schon längst wieder viel zu hoffähig geworden. Und du hast natürlich völlig recht: Es gibt kein Grau!

  8. Ja, das stimmt, es kommen sehr viele aus dem linken Spektrum. Aber ich wiederhole, es gibt kein „ihr“.
    Und ich wiederhole erneut: Dirk Alt IST bereits rechts, und es geht NUR um ihn.
    Wenn MKI ihm einen Job gibt, ist er mit Alts Haltung und Veröffentlichungen im ultrarechten Spektrum einverstanden. Dann muss er auch damit leben, dass ich eine Grenze ziehe, damit mein Verlag niemals in den Verdacht geraten kann, Fabylon wäre damit einverstanden und würde vielleicht sogar mitziehen. (Außerdem, du meine Güte, es gibt doch tausend andere Verlage, und Fabylon hat weiß Gott nicht genug Gewicht und Bekanntheit, als dass die Sache große Kreise ziehen würde.)
    Du kannst nicht einerseits sagen, gegen die Rechten muss vorgegangen werden, und mit „aber“ fortführen. Ja, aber. Das ist doch genau die Argumentationsweise von denen.
    Die Unzufriedenen sind doch schon dort, und das ganz ohne mein Zutun, sonst wäre eben meine Aktion gar nicht erforderlich.
    Bitte hier keine Opferumkehr und Umkehrung der Schuldzuweisung. Das ist erst recht kein guter Weg.
    Es steht dir frei, damit umzugehen, wie du es für richtig hältst, aber meine Entscheidung steht außer Frage. Wenn du das nicht verstehen willst, haben auch weitere Erklärungen keinen Sinn.
    Deine Meinung mag so sein, das sei dir unbenommen, aber sie ist falsch.

  9. „Und nein, es gibt kein „Grau“. Wer dazu tendiert, ist schon dort.“

    Genau das ist falsch! Im übrigen kommen sehr viele Wähler der AFD aus dem linken Spektrum und sind gewechselt. Ich finde es richtig rechten Tendenzen Paroli zu bieten. Aber ich finde ihr übertreibt hier. Der AFD bietet ihr mit solchen Entscheidungen die Möglichkeit die unzufriedenen einzusammeln. So hat die Nazi Diktatur auch begonnen. Kein guter Weg!

  10. Danke an Uschi für die klare Haltung.

    Ich nehme an, „ihr“ meint in dem Fall auch, dass z.B. ich (als dein Perry-Rhodan-Kollege) da mit subsumiert werde. Weil ich mich auch für einen Boykott ausgesprochen habe. Dazu eine klare Stellungnahme: Das war meine Privatentscheidung, hat nichts mit irgendeiner Absprache zu tun oder sonst etwas (wie es schon zu lesen war an anderer Stelle).

    Ich sehe es genau wie Uschi: Wenn ein rechtsradikal publizierender Mensch nun Nova-Herausgeber ist, dann ist das nicht akzeptabel für mich. Für mich – meine Sache, meine Entscheidung. Wer das anders sieht, soll das anders sehen. Ich halte es für die deutsche SF, der ich nun einmal angehöre, für ein sehr schlechtes Ereignis. Und darum sage ich, meine Meinung: dass Nova ab der nächsten Nummer nicht mehr akzeptabel ist. Nicht unter diesem Herausgeber. Und vor Uschis Haltung und ihrem finanziellen Verlust, der damit einhergeht, hab ich Respekt.

  11. Im Gegenteil, durch meine Entscheidung habe ich einen großen finanziellen Verlust. Es gibt in dem Fall kein „wir“, dass du von „Ihr“ sprechen kannst. Und nein, es gibt kein „Grau“. Wer dazu tendiert, ist schon dort. Das muss einfach mal eingesehen werden. Es gibt kein „bisschen schwanger“, und wenn sich jemand so entscheidet, dann kann er nicht mehr „gerettet“ oder überzeugt werden. Aber darum geht es hier gar nicht, sondern darum, dass ein rechter Journalist bei einem nicht-rechten SF-Magazin Herausgeber wurde, und dass ich in einer gewissen Beziehung dazu stehe durch den bei Fabylon verlegten Autor.
    Als Privatmensch hätte ich gar nichts unternommen.
    Aber ich habe als Verlegerin in dieser Sache keine andere Wahl.

  12. Ich frage mich ein wenig ob euch bewusst ist, dass ihr euch im Prinzip genauso verhaltet wie ihr es euren „Lieblingsgegnern“ vorwerft. Auch wenn mir klar ist, warum ihr das tut, ist es nicht richtig.
    Ihr grenzt aus, auch wenn ihr das als vermeintlich „klare“ Haltung tarnt, ist es doch letztlich der Angst vor finanziellem Verlust geschuldet. Man könnte ja in den Ruch kommen rechts zu sein.
    Nicht das wir uns missverstehen, ich bin klar gegen rechts. Aber auch das muss bei den „moderaten“ Kräften auch zu politischer Auseinandersetzung führen. Wenn ich die Leute die unentschlossen, schwankend sind ausschießt führt das zu nichts gutem.
    Warum manche Menschen zur AFD tendieren hat auch seine Gründe. Schon mal darüber nachgedacht? Viele fühlen sich ausgeschlossen, nicht wertgeschätzt, erleben ob nun falsch oder richtig, das andere gefühlt mehr bekommen und hofiert werden. Sie selbst aber vergessen werden. Klar, es gibt die Vollblut Nazis. Denen gehört Paroli geboten! Das ist richtig und gut so. Aber es gibt eben auch einen Grau Bereich, den wir gesellschaftlich verlieren werden wenn wir nicht aufpassen.
    Deshalb kann es nur so gehen den mühsamen Weg des Gespräches zu gehen. dem anderen die Möglichkeit zu geben zu sehen an was er/sie/es sich da möglicherweise bindet.
    Wenn ihr anfangt auszugrenzen, zu dissen, zu diffamieren, dann seit ihr nicht besser als Nazis!

  13. Vielen Dank für die klare Haltung.
    Ich liebe Menschen (und Verlage) mit Haltung – und da ich keine Nazis und sonstige Kackbratzen unterstützen möchte, suche ich mir lieber ein paar schöne Titel bei Fabylon aus.
    So.

  14. Prima! Keinen Fußbreit dem braunen Gesocks. Wenn man gegen Nazis, AfD, Pegida und Konsorten ist, muss man gar nicht mal „links“ sein; man ist zu allererst vernünftig.

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