Ein ganz Großer ist heute nacht von uns gegangen, eine scharfe, treffsichere Zunge. Hildebrandt war Mitbegründer der Münchner Lach- und Schießgesellschaft, seine „Notizen aus der Provinz“ hat mein Vater immer mit großem Interesse und Amüsement verfolgt, wenngleich er sich über Hildebrandts halbe Sätze und sein „Gestottere“ aufregte – klar, als Politiker muss man vor der Kamera flüssig reden können, das hat ihm immer in den Ohren wehgetan. Doch das war Hildebrandts meisterhafter Stil, das Bonmot wortlos rüberzubringen und gleichzeitig zwei völlig verschiedene Themen miteinander zu verbinden und zu ironisieren. In den 80ern war ich dann alt genug, um ein Fan von „Scheibenwischer“ zu werden, und auch wenn er manchmal übers Ziel hinausschoss, so konnte man ihm keinesfalls mangelnden Scharfsinn vorwerfen. Überdies ist es die Aufgabe des Kabarettisten, übers Ziel hinauszuschießen, um aufzurütteln, und wenn es keine Vorlage gäbe … tja. Da passiert es in unserer bayerischen monotheistischen Oligarchie dann schon mal, dass der „Scheibenwischer“ mittendrin abgeschaltet wurde und nur noch Dunkelheit aus dem Schirm regnete. Wen interessiert schon das Grundgesetz, pah, in der übergeordneten bayerischen Verfassung steht nix über „eine Zensur findet nicht statt“ und dergleichen intellektueller Blödsinn, der völlig überflüssig ist im Bauernstaat.
Erst dieses Jahr, es ist noch gar nicht lange her, gratulierte ich Hildebrandt zum Erich-Kästner-Preis auf Facebook (ich hatte zufällig im TV die Nachricht darüber mitbekommen) und äußerte meine tiefste Bewunderung für seinen scharfen Verstand und seinen Humor, ungebrochen mit 86 Jahren, und seine vielen Auftritte, die er geplant hatte. So, habe ich mir fest vorgenommen, will ich auch sein.
Erst diese Woche wurde sein Krebsleiden bekannt – und nun ist Dieter Hildebrandt vergangene Nacht gestorben. Er hat ganz entscheidend das Kabarett in Deutschland geprägt und wird den Nachfolgern sicherlich immer ein Vorbild und für uns immer unvergessen bleiben. Gute Reise!