Da ist er also, der 8. Film von Quentin Tarantino. Na ja, eigentlich hat er schon ein bisschen mehr Regie geführt, aber diese Filme zählt er halt so, dass sie rein aus seinem Wirken entstanden sind.
Ich glaube, niemand polarisiert so sehr wie dieser Regisseur. Man hasst ihn oder man ist Fan, dazwischen gibt es nichts.
Ich? Ich bin Fan. Was ja wohl kaum eine Überraschung sein dürfte.
Ein zweiter Western, aber ich habe nichts dagegen, denn schließlich bin ich auch Western-Fan. Obwohl, und das muss ich an der Stelle schon als harsche Kritik bringen, keiner in diesem Film Whiskey trinkt.
Aber auch ansonsten hätte es gar kein Western sein müssen. Ich glaube, Tarantino wollte vor allem dieses Ambiente, weil er Western liebt. Es hätte auch jede andere Kulisse sein können. Aber Wyoming hat nun mal eine Menge zu bieten und ist noch eine Spur rauer als andere Bundesstaaten. Also hat er, damit es stimmig ist und doch nicht anders platziert werden kann, das passende politische Thema dazu genommen, das vermutlich auch titelgebend ist.
Tarantino schafft es tatsächlich, in jedem Film etwas anderes zu machen. In diesem Fall einen hauptsächlichen Dialogfilm mit nur einem einzigen Schauplatz, als wären wir in einem Theaterstück. Dabei bleibt er aber trotzdem seiner Erzählweise treu: Aufteilung in Kapitel, und diesmal kommt nach der – beabsichtigten – Pause auch noch ein Erzähler dazu.
Worum geht es? Um 10 kleine Jägermeister.
In dem Fall 8 plus ein paar Nebendarsteller. Plus 1 Frau. In absolut klassischer Agatha-Christie-Manier wird eine Gruppe Fremder durch Wetterunbill gezwungen, sich an einem einsamen Ort zusammenzurotten und die Nacht zu überstehen. Es gibt keinen Kontakt nach außen, keine Möglichkeit zu entkommen. Keine Frage, dass mindestens einer aus der Gruppe ein Mörder ist und dass mehrere ein düsteres Geheimnis mit sich herumtragen.
Wir haben hier also Kriegsveteranen, Cowboys, Sheriffs, Kopfgeldjäger, ihre Beute, Henker; so bunt gewürfelt ist diese Gruppe gar nicht, denn ihre Berufe ähneln sich durchaus. Die Frau? Soll eine Mörderin sein, eine gigantisch hohe Belohnung ist auf sie ausgesetzt.
Die ersten 95 Minuten haben wir einen reinen Dialogfilm, manchmal ein bisschen zu geschwätzig, aber durchaus tiefsinnig, pointiert, humorvoll und spannend. Es geht um den Bürgerkrieg, den Nord-Süd-Konflikt, und da ein Schwarzer dabei ist, kann man sich vorstellen, dass da einiges geboten wird. Die Frau sagt wenig, doch markantes. Hauptsächlich wird sie brutal verprügelt, doch egal wie viele Zähne sie ausspuckt, sie lacht weiter. Anders kannst du als Frau zu dieser rauen Zeit gar nicht überleben.
So werden also die Charaktere beleuchtet und Geheimnisse aufgedeckt, und kurz vor der 95. Minute gibt es den ersten Toten.
Dann: 15 Minuten Pause. Erst nachdem es weitergeht, ist zu erkennen, dass diese 15 Minuten nicht vom Kino, sondern vom Regisseur selbst beabsichtigt sind, denn ein Off-Erzähler übernimmt nun eine kurze Zusammenfassung, was während dieser Pause stattgefunden hat, und es offenbart sich auch der Sinn: Wer kein blutiges Gemetzel mag, hat in der Pause Gelegenheit, das Kino zu verlassen. Denn die restlichen 70 Minuten folgt das Tarantino-typische unzimperliche Gemetzel (da wird einem schon auch mal das Gesicht weggeschossen), wobei die Handlung weiter vorangetrieben wird. Es wird sehr blutig, aber auch sehr interessant, wie sich die jeweiligen Charaktere anhand der zusehends ausweglosen Situation verhalten. Wer wird sich wofür entscheiden? Wie wird es enden?
Das Ende bietet durchaus Überraschungen.
Fazit: Tarantino war zutiefst enttäuscht, dass sein Film keine Oscar-Nominierung erhielt. Das war auch die richtige Entscheidung. Der Film ist gut, stellenweise sogar hervorragend, die Darsteller sind alle durchwegs grandios, aber er besitzt nicht die Klasse und Qualität der Inglourious Basterds oder Django Unchained. Die Aufnahmen sind glasklar, und wie immer ist die Beleuchtung sehr gezielt eingesetzt – die Inszenierung ist absolut top.
Der einzige Kritikpunkt, den ich habe, ist die Musik. Tarantino hat Ennio Morricone jahrzehntelang angebettelt, ihm einmal die Filmmusik zu komponieren. Und nun ließ der Meister sich erweichen. Doch leider hat er dazu lediglich in die Schublade gegriffen und irgendwas hervorgeholt, das schon vor 30 oder 40 Jahren niemand haben wollte. Kein Wunder! So passt die Musik nicht im Entferntesten zu diesem Film, schon gar nicht zu einem Western, und plätschert langweilig und seltsam unharmonisch durch manch bombastisch gewollte Versatzstücke dahin. Überhaupt nicht das, was man von Morricone gewohnt ist. Ausschuss eben. Zum Glück trägt der Film sich hervorragend ohne Musik – auch das ist mal etwas Neues für Tarantino – sonst würde einen das rausreißen. Sehr enttäuschend, muss ich sagen, gerade auch weil es Morricone ist.